MOF als Startimplementierung von ITIL

ITIL als Quick-Win

Uhr | Updated
von Matthias Gessenay

ITIL gilt als mächtig, aber auch komplex. Microsoft hat mit dem Microsoft Operations Framework vor einigen Jahren eine schlanke Startimplementierung von ITIL zur freien Verfügung bereit gestellt. In diesem Artikel beleuchten wir die Unterschiede und zeigen die jeweiligen Einsatzgebiete auf.

ITIL, die IT Infrastructure Library, beschreibt Best Practices zum Management von IT-Services. Dazu gehören als Kernelement Beschreibungen der Prozesse und der dazugehörigen Aktivitäten, Verantwortlichkeiten und Ergebnisse. Das Ziel ist, die IT-Organisation in die Lage zu versetzen, mit ihren IT-Services einen Mehrwert für die Kunden zu schaffen, indem sie die vom Kunden benötigten Services im richtigen Moment und mit der benötigten Kapazität und Zuverlässigkeit anbietet. Nun umfasst ITIL fünf Bücher und richtet sich in Sprache und Herangehensweise an das Management. Es orientiert sich folglich stark an den Geschäftsbedürfnissen. Ausserdem ist es schwierig, aus der Gesamtmenge aller möglichen Prozesse die benötigten Prozesse und deren Abhängigkeiten sauber herauszutrennen, um eine phasenweise Implementierung zu ermöglichen. Oftmals gibt es vom traditionellen IT-Provideransatz, der stunden- oder projektbasiert abrechnet, zum IT-Serviceprovider, der ähnlich einer Versicherung ein Service Level garantiert und dafür eine "Gebühr" erhebt, einen Zwischenschritt: Es gibt einen Servicekatalog, das heisst, es wird serviceorientiert gedacht und offeriert, aber die Verrechnung findet nicht (intern) oder nicht nach den angebotenen Services statt. Zudem gibt es in diesem Stadium oft nur informelle Service Level Agreements.

Microsoft Operations Framework (MOF)

Microsoft hat mit dem Microsoft Operations Framework (MOF) Version 4 einen interessanten, strukturierten Ansatz geschaffen. Das MOF basiert auf ITIL v2 und ist damit von Natur aus schlanker als ITIL v3. Aber das ist nicht der wesentliche Unterschied. Kernunterschied ist, dass das MOF auf Rollen basiert, die es in Service Management Functions (SMF) verpackt. Jede SMF kann singulär implementiert werden und ist letztlich personenzentriert. Die SMFs sind beispielsweise:

• Business-/IT-Alignment
• Change and Configuration
• Customer Service
• Service Monitoring and Control

Der erfahrene "ITILianer" wird diese SMFs unschwer den Lifecycle-Phasen zuordnen können. Doch anstatt dem Plan-Do-Check-Act(PDCA)-Zyklus des ITIL Lifecycles zu folgen, hat MOF lediglich drei Phasen: Plan, Deliver, Operate und einen zugrunde liegenden Management Layer. Jede Phase hat ein sogenanntes Management Review, das anhand formeller und informeller Key Performance Indicators (KPI) über den Fortschritt und den Weitergang des jeweiligen Services entscheidet. Die Phase CSI fehlt vollständig, das Reporting wird in jede SMF integriert. Die Zuordnung der MOF-Phasen zu den ITIL-Phasen lässt sich grafisch wie in Abbildung 1 gezeigt, darstellen. Der Unterschied wird deutlicher, wenn man den Entstehungsprozess eines Services über die strategische, taktische und operative Ebene anschaut (Abbildungen 2 und 3). Während ITIL die einzelnen Rollen in den Services unter einem Management-Gesichtspunkt definiert, beschreibt MOF einen klaren technischen Blickwinkel. Dies wird beispielsweise beim Blick auf den SMF von Change und Configuration deutlich. Die Rollen sind hier diejenigen des Change Managers und des Configuration Managers. Der Change Manager ist dafür verantwortlich, dass Changes mit dem geringstmöglichen Risikograd durchgeführt werden, und der Configuration Administrator ist für den aktuellen Zustand des Changes zuständig und verfolgt die einzelnen Configuration Items bezüglich des Configuration Management Systems. Man kann sich unschwer die Anwendung auf einen konkreten IT-Kontext vorstellen. In einem KMU würde der Change Manager sicher vom CIO gestellt, wohingegen der Configuration Administrator der konkrete Systemadministrator und/oder -Engineer ist.

Diese unmittelbare Praxisanwendung ist zugleich Stärke und Schwäche des MOF. Stärke, weil sie durch umfangreiche Checklisten, naheliegende KPIs ("Goals") und klare Verantwortlichkeiten eine schnelle und praxisgerechte Implementierung unterstützt. Schwäche, weil die Perspektive für einen wirklich nachhaltigen und jahrelang funktionierenden serviceorientierten Ansatz fehlt. Weder gibt es eine ausgeprägte Service Strategy noch ein Continual Service Improvement (CSI). Auch viele andere Prozesse, die bei ITIL die geschlossene Feedback-Schleife und damit eine nachhaltige Wachstumsstrategie sicherstellen, sind nicht vorhanden. Man bedenke die Entscheidungsgewalt von Change Testing und Validation, die stets den Kundennutzen im Blick haben müssen, oder das Reporting über Effektivität und Effizienz der Change-Prozesse und -Ergebnisse, wie sie Change Evaluation zuhanden der Change Manager erstellt.

MOF ist Wegbereiter für ITIL

Damit positioniert sich MOF in meinen Augen klar als Quick-Win und Wegbereiter für ITIL. Oft geht das Bedürfnis für eine Serviceorientierung von der IT aus, die Schwierigkeiten hat, dem Business Management die Wertschöpfung ohne funktionierende (Teil-)Implementierung zu verdeutlichen. Genau diese Teilimplementierung kann MOF leisten. Die Orientierung an funktional klar abgetrennten Bereichen und klaren Zuständigkeiten, die sich oft problemlos auf bestehende Linienorganisationen übertragen lassen, versprechen schnelle und sichtbare Erfolge ohne zeitraubendes Design. Aufgrund der ersten Erfahrungen kann dann ein nachhaltiger und ITILbasierender Gesamtprozess eingeleitet und gerechtfertigt werden. Nicht umsonst besteht MOF aus einer einzigen Zertifizierung, wohingegen ITIL von der Anwendung (Foundation) bis hin zur Einführung von ITIL unternehmensweit sehr differenzierte Zertifizierungen bietet. Daher ist ITIL auf einer nachhaltigen Ebene sicher der "Outperformer", aber für kurzfristige Erfolge insbesondere im Microsoft- Umfeld empfiehlt sich der Rückgriff auf die (allesamt kostenlosen) Dokumente, Checklisten und Ratgeber des MOF. Allerdings sollte dies immer vom Gesamtkontext, also ITIL, aus geschehen, damit die einzelnen SMF-Inseln zumindest strategisch gleich in ein Gesamtkonzept überführt werden.

Informationen

"ITIL is a Registered Trade Mark of the Office of Government Commerce in the United Kingdom and other countries."

Über ITIL:

www.ITIL-officialsite.com

Über MOF:

ausführliche Dokumentation von MOF und detaillierte Angaben zum gemeinsamen Einsatz mit Microsoft-Produkten: www.microsoft.com/mof

 

 

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