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Partnerprogramme – Ein Win-Win-Business mit neuen Chancen

Uhr | Updated
von Oliver Müller, Digicomp

Über die Jahre hat sich das Partnergeschäft zu einem immer grösser werdenden Win-Win-Business entwickelt. IDC berichtet, dass Microsofts Geschäftsvolumen mit seinen Partnern inzwischen bei über 500 Milliarden Dollar liegt. Dies, obwohl die Anforderungen an den Channel steigen und Cloud-Angebote den Partnervertrieb verändern werden. Aber genau darin liegen auch neue Chancen für Distributoren und Reseller.

(Quelle: Aboutpixel.de)
(Quelle: Aboutpixel.de)

Millionen von Channelpartnern geniessen im Schatten der grossen Anbieter ein stetig prosperierendes Business, was vor allem daran liegt, dass diese Kooperation – trotz aller gelegentlichen Konkurrenz-Überlappung – für beide Seiten eine Win-Win-Situation ist. Für die Hersteller bedeutet es, dass sie sich auf ihre Produkte und deren Weiterentwicklung konzentrieren können, während die Partner im Gegenzug lokale oder spezifische Märkte damit versorgen.

Laut einer Untersuchung der amerikanischen Software & Information Industry Association sagen 92 Prozent aller ITAnbieter, dass ihre Partner-Allianzen für den Geschäftserfolg ganz besonders wichtig sind. Und das Interesse steigt sogar noch weiter an. Vor allem Service-Provider stehen bei den Anbietern ganz oben auf der Wunschliste für neue Partnerschaften.

Die Bedeutung des Channels zeigt sich auch an der allgemeinen wirtschaftlichen Leistungskraft, die diese Kooperationen inzwischen angenommen haben. Laut einer IDC-Analyse hat Microsoft zusammen mit seinem Partner-Netzwerk im vorigen Jahr ein Geschäftsvolumen von 580 Milliarden Dollar generiert. Das waren 43 Milliarden mehr als im Jahr zuvor und über 100 Milliarden mehr als im Jahr 2007.

Für jeden Dollar, den Microsoft umgesetzt hat, haben die Partner einen eigenen zusätzlichen Umsatz von 8,70 Dollar erzielt. «Microsoft ist mit seinem Partnernetz ein ganz entscheidender Faktor in der IT-Wirtschaft geworden», sagt Darren Bibby, Chef- Analyst für den Channelbereich bei IDC. Dabei verweist er darauf, dass der IT-Markt als Ganzes kaum gewachsen und folglich das Channel-Business äusserst robust ist.

Spezialisierung bringt Vorteile

Das steigende Geschäftsvolumen darf aber nicht zulasten der Qualität gehen. Allgemein lässt sich eine Verschärfung der Kriterien und der Überprüfungen feststellen, denn die Anbieter wissen, dass schlechte Partnerleistungen das Image des Anbieters ruinieren kann und dass man schlechte Einführungsoder Beratungsqualität nicht mit zentralem Marketing oder grossen Dachkampagnen reparieren kann. Den Anbietern geht es hauptsächlich um gezieltes Produkt- und Branchenwissen.

Um die Partner hierfür zu motivieren, werben die Anbieter einerseits mit entsprechenden Vorteilspaketen in Form von Marketing-Unterstützung, Empfehlungen, besonderen Rabatten oder Schulungen und fordern andererseits eine Spezialisierung des Partners, damit er in der Partner- Hierarchie weiter aufsteigen kann. Bei HP kann ein Partner beispielsweise den begehrten Status eines "Gold Specialist" nur noch dann erhalten, wenn er mindestens eine Spezialisierungsprüfung absolviert hat.

Neben den Gold-Spezialisten gibt es bei HP dann nur noch den "HP Preferred Partner". Diese Zweistufigkeit setzt sich inzwischen immer mehr durch. Auch bei Microsoft sind es inzwischen nur noch zwei Mitglieds stufen: eine Silber- und Goldebene. In beiden Stufen gibt es inzwischen 28 verschiedene Kompetenzgebiete, auf denen sich ein Partner qualifizieren kann. Doch die Zweistufigkeit ist noch nicht der Regelfall. Bei IBM, und Symantec gibt es beispielsweise weiterhin drei Stufen und bei Oracle und Cisco sogar vier (siehe PDF-Dokument).

Professional Services haben Potenzial

Neben der Branchen- und Produkt-Spezialisierung gibt es einen weiteren Trend. Immer mehr Anbieter verlagern auch ihre Professionell- Services (PS) in den Channel, was den Channelpartnern vor allem eine wesentlich höhere Marge bietet. Andererseits sind hierfür erhebliche eigene Investitionen in Know-how, Infrastruktur und Mitarbeiter erforderlich. Bedeutende Anbieter in dieser Kategorie sind IBM, HP/EDS und Cisco. Für die Anbieter ist das ein Balanceakt, denn während Produktprobleme im Channel relativ einfach durch Austausch oder Neuinstallation gefixt werden können, ist das bei den professionellen Beratungsdiensten völlig anders. "Beide Seiten arbeiten schon seit Jahren an der Auslagerung von PS in den Channel, aber erst in jüngster Zeit zeigen sich deutliche Erfolge ab", sagt Ken Presti von Presti Research & Consulting.

Ciscos Chef für das weltweite Partnergeschäft, Raja Sundaram, sieht hier ein Umsatzpotenzial für seine Partner in Höhe von 41 Milliarden Dollar im laufenden Jahr und für 52 Milliarden im nächsten Geschäftsjahr. Doch er sieht auch die Probleme dieses Channelangebots: "Professional Services sind nichts fürs schnelle Geldverdienen, es kann Jahre dauern, bis ein Partner in bestimmten Bereichen ausreichende Methoden und Verfahren entwickelt hat, mit denen er gutes Geld verdienen kann", lautet seine Warnung. Das grösste Problem ist hierbei der Personalkosten- Faktor, denn profitable PS- Angebote erfordern äusserst qualifizierte (also teure) Mitarbeiter. Diese hohen Personalkosten gehen – anders als beim Produkt vertrieb – als Fixkosten in die Kalkulation ein. Schliesslich müssen diese Mitarbeiter auch dann bezahlt und weitergebildet werden, wenn kein Umsatz mit ihnen generiert werden kann.

Doch nicht nur die Ansprüche der Anbieter sind gestiegen, sondern auch die Forderungen der Partner an die Anbieter. Laut der jüngsten Untersuchung des US-IT-Verbandes CompTIA ist für 60 Prozent der Channelpartner eine «deutliche Produkt-Überlegenheit » das ausschlaggebende Kriterium für die Auswahl des Lieferanten. Da kein Anbieter auf allen Gebieten die besten Produkte haben kann, gibt es bei den Partnern nur ganz selten eine exklusive Bindung mit nur einem Anbieter.

So partizipieren laut der CompTIA-Studie 60 Prozent der befragten Solution-Provider in 5 bis 14 verschiedenen Partnerprogrammen. Interessant ist an dieser Studie auch, dass das unwichtigste Kriterium bei der Anbieterwahl die Gewinnmarge ist, die dem Partner eingeräumt wird. Hier treffen sich die Wünsche der Partner wieder mit denen des Anbieters. Auch die vielen Anbieter gewähren die Marge nicht nach dem Volumen, sondern nach der Qualifizierung.

Cloud bringt Vertrieb unter Druck

Nicht alles ist aber heiter Sonnenschein im Channel-Business. So sieht IDC bereits dunkle Wolken am Horizont aufziehen. "Cloud Computing wird den bisherigen Channelvertrieb komplett verändern", prophezeit deren Chef-Analyst für den Channelbereich Darren Bibby, und umschreibt damit vorsichtig, dass es vermutlich zu massiven Einbrüchen bei den Channelpartnern kommen wird. Vor allem, wenn der Einzelne sich nicht rechtzeitig darauf umstellt.

Das weiss auch Microsoft-Chef Steve Ballmer: "Cloud, Cloud, Cloud", brüllte er jüngst über 10 000 seiner Partner zu. Und weiter: "Nur wer von euch auf die Cloud setzt, ist weiterhin Partner, wer nicht, der …" Diesen Satz liess er unvollendet, doch jeder wusste, was er damit meinte. Die Umstellung auf die Cloud wird schneller geschehen, als die meisten Chefs der Partner denken. So bietet Microsoft jetzt schon eine Cloud-Partnerschaft an. Und man beruhigt: «Cloud Computing ist keine Kannibalisierung des Lizenzgeschäftes, sondern eine Ergänzung dazu», heisst es aus Redmond.

Auch andere sehen die Situation nicht so dramatisch. «Die meisten Channelpartner verfügen bereits über exzellente Voraussetzungen, um auch mit der Cloud erfolgreich zu sein», sagt Grant Thompson vom Marktforscher MG Technologies.

Doch auch er bescheinigt dem klassischen Wiederverkäufer wenig Zukunft und sieht die Chance des Handels im Consulting- Business. "Dienstleitungen und Services sind gefragt, hierauf müssen sich die Partner einstellen", lautet sein deutlicher Hinweis. Hierzu gibt es seiner Ansicht nach eine ganze Reihe an Businessmöglichkeiten, die in enger Verbindung zum Cloud Computing stehen. "Sicherheit, Compliance, Recovery, Datenschutz und Datentransfer sind alles sehr kritische Grös sen beim Cloud Computing; hier besteht gerade im Mittelstand ein ganz erheblicher Be ratungsbedarf", lautet sein Rat an die Partner.

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