Übernahme noch nicht vom Tisch

Es herrscht ein Seilziehen um den UPC-Sunrise-Deal

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von Thomas Häusermann, Werbewoche

Nach dem geplatzten Kauf durch Sunrise ist die Zukunft von UPC unklar. Die Meinungen darüber, was mit UPC passiert, gehen auseinander.

(Source: miflippo / iStock.com)
(Source: miflippo / iStock.com)

Die Meinungen waren gemacht, als vergangene Woche die ausserordentliche Generalversammlung, an welcher die nötige Kapitalerhöhung für den Kauf von UPC hätte abgesegnet werden sollen, von Sunrise kurzfristig abgesagt wurde: Der Deal ist definitiv vom Tisch. Grossaktionär Freenet, ein deutsches Telekom-Unternehmen, hatte sich mit Händen und Füssen gegen die Transaktion gewehrt und zuletzt gut andere Aktionäre von der Meinung überzeugen können, dass der Kauf von UPC ein teurer Fehler wäre.

"Dreh- und Angelpunkt des Marktes"

Doch was passiert nun mit UPC? Der Eigentümer Liberty Global zeigt sich gegenüber der NZZ am Sonntag immer noch überzeugt davon, alles andere als einen Ladenhüter im Angebot zu haben. Man sei für das Geschäft in der Schweiz weiterhin "sehr optimistisch", sagt Liberty-Global-Chef Mike Fries. "UPC ist der Dreh- und Angelpunkt des Marktes." Er begründet diese Einschätzung mit der Tatsache, dass UPC das einzige Festnetz biete, das 75 Prozent des Marktes mit einer Geschwindigkeit von 1 Gigabit pro Sekunde abdecke. Ausserdem wachse das Mobilgeschäft.

Die Schweiz gehört nicht zu den Kernmärkten

Für Branchenexperten soll jedoch klar sein: Liberty Global will UPC Schweiz loswerden. Nachdem das Unternehmen bereits zahlreiche Teilbereiche an Vodafone verkauft hat, will man sich eigentlich auf die neu definierten Kernmärkte Grossbritannien, Belgien und Polen konzentrieren. Die Schweiz gehört nicht dazu.

Nur wer Synergien nutzen kann, greift tief in die Tasche

Was fehlt, ist ein geeigneter Käufer. Einer, der ähnlich tief in die Tasche greift, wie es Sunrise getan hätte. 6,3 Milliarden Franken hätte die Nummer zwei im Schweizer Telekommunikationsmarkt sich die Möglichkeit kosten lassen, durch die Akquisition von UPC zum ernsthaften Anwärter auf denjenigen Thron zu werden, auf dem Swisscom seit jeher und unbestritten sitzt. Gerechtfertigt wurde der hohe Kaufpreis von Sunrise mit einem grossen Synergien-Potenzial – fast die Hälfte der Milliardensumme hätte man durch die Zusammenlegung der Festnetz- und Mobilfunkinfrastruktur in der Zukunft einsparen können.

Die Vermutung liegt nahe: Wer nicht solche Synergie-Effekte geltend machen kann, wird kaum einen derart hohen Preis bezahlen. Das einzige Unternehmen in der Schweiz, das ähnliche Vorteile aus einer Transaktion ziehen könnte, wäre Salt. Doch die Nummer drei auf dem Schweizer Markt zeigt bisher kein öffentliches Interesse an UPC.

Auch Vodafone-Deal klappte erst in Runde zwei

Gemäss der Einschätzung der NZZ am Sonntag bleibt für Liberty Global folglich nur eine Hoffnung: Dass man sich doch noch mit Sunrise einig wird. Es wäre nicht das erste Mal. Bereits beim oben erwähnten Verkauf an Vodafone wurden die Gespräche zuerst aufgrund von Uneinigkeiten betreffend Preis für gescheitert erklärt, ehe der Deal doch noch klappte: Die Landesgesellschaften von Deutschland, Ungarn, Rumänien und Tschechien wurden für 21 Milliarden Dollar verkauft.

So hält auch Liberty-Chef Fries unverändert daran fest, dass er Sunrise für die beste Lösung hält. Die Transaktion hätte einen enormen finanziellen und strategischen Wert geschaffen, ist er überzeugt. "Die industrielle Logik war klar. Das Ergebnis sagt nichts über den europäischen Telekom-Sektor oder die Konvergenz von Festnetz und Mobilfunk aus, sondern alles über diese einzigartige Schweizer Aktiengesellschaft und letztlich einen ihrer Aktionäre", sagt er gegenüber der NZZ am Sonntag.

Freenet-CEO Christoph Vilanek hatte diese besagte Logik stets entschieden in Frage gestellt. Aus seiner Sicht macht es aufgrund der anstehenden 5G-Entwicklung keinen Sinn, viel Geld in Kabelinfrastruktur zu stecken.

Bei Liberty hofft man immer noch auf Sunrise

Dass seitens Liberty Global am Sunrise-Weg festgehalten werden könnte, zeigt eine Meldung des Tages-Anzeigers, wonach bei UPC nach dem geplatzten Deal intern kommuniziert wurde, die beiden Unternehmen würden nach wie vor Entschlossenheit zeigen, die Transaktion durchzuführen und würden weiterhin Möglichkeiten prüfen, sie möglich zu machen. Später wurde in einem zweiten Schreiben kommuniziert, man nehme zur Kenntnis, dass Sunrise als eigenständiger Anbieter weitermachen wolle.

Seitens Sunrise heisst es, man führe keine Verhandlungen mehr mit Liberty. Und auch Freenet verneint Gerüchte, denen zufolge das Unternehmen direkt mit Liberty Global verhandeln solle. Man sei längerfristig «von einer massiven Wertsteigerung bei Sunrise im Stand-alone-Konzept überzeugt» und wolle dementsprechend Aktionär bleiben, so der Sunrise-Grossaktionär gegenüber dem Sonntagstitel.

Mit Freenet im Boot bleibt nur der Alleingang

Sunrise hatte im Oktober in einem Argumentarium für die Übernahme geschrieben, Freenet habe verlangt, dass Sunrise oder Liberty Global einen signifikanten Teil der Sunrise-Aktien kaufe. Der Sunrise-Verwaltungsrat hat dies jedoch entschieden abgelehnt. Man kann aber davon ausgehen, dass dies eine zwingende Voraussetzung wäre, damit der UPC-Deal doch noch zustande kommen könnte. Solange Freenet – dem Unternehmen gehört rund ein Viertel von Sunrise – derart viel Einfluss und Mitspracherecht hat, wird man sich wohl dem eingeschlagenen Stand-alone-Kurs fügen müssen.

Dieser Artikel erschien erstmals bei der "Werbewoche".

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