Kolumne von Daniel Liebhart

It's the ecosystem, stupid

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von Daniel Liebhart, Dozent für Informatik an der ZHAW, Experte für Enterprise-Architekturen und CTO Ambassador bei Swisscom

Innovative Technologien brauchen meist viel länger als erwartet, bis sie Einzug in unseren Alltag halten. Das liegt jedoch nicht einfach an unserer Begeisterung für das Neue, sondern oftmals daran, dass die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Einführung unterschätzt werden.

Big Data, Internet der Dinge (IoT) oder künstliche Intelligenz (KI) – drei Beispiele innovativer Technologien, die sich heute in der Realisierungsphase befinden. Das bedeutet, dass viele Schweizer Unternehmen und Institutionen Projekte planen, umsetzen oder bereits umgesetzt haben. Und dies aus gutem Grund. So ist Big Data als Analyse sämtlicher für ein Unternehmen relevanter Daten von der Schweizerischen Akademie der Technischen Wissenschaften (SATW) dieses Jahr als Technologie mit der grössten volkswirtschaftlichen Bedeutung ausgewählt worden. Auf dem zweiten und dritten Platz des im Mai 2019 veröffentlichten "Technology Outlook" finden sich die beiden IoT-Technologien vernetzte Maschinen und Smart Citys. Gemäss der aktuellen MSM Studie "Internet of Things (IoT) – die Dinge in der Schweiz" haben sich die Investitionen in IoT-Projekte in den letzten drei Jahren verdreifacht, und es ist kein Ende dieser Tendenz zu erwarten. Die hauptsächlichen Anwendungsgebiete waren Automatisierung und Optimierung in der Produktion, Predictive Maintenance, Smarthome, Smart City und die Fahrzeugvernetzung. Dieses Jahr werden die Ausgaben in diesem Bereich wohl die Milliardengrenze überschreiten.

Auch die KI hat längst das Stadium der Forschung und Lehre verlassen und befindet sich in der betrieblichen Umsetzung. So ist gemäss der Studie «What AI can bring to Business Applications» von PAC aus dem letzten Jahr die Mehrheit der Firmen in Europa daran, eine konkrete Strategie aufzubauen oder bereits umzusetzen. Die Schweizer Unternehmen bilden da keine Ausnahme.

Schwierigkeiten in der Adaption

Das Innovationspotenzial ist belegt, der Business Case gerechnet und die Umsetzung bewilligt – da beginnen die Probleme. Zumindest gemäss Statistik scheitert ein signifikanter Teil dieser Projekte. Bereits vor zwei Jahren behauptete der Gartner-Analyst Nick Heudecker, dass die Erfolgsquote von Big-Data-Umsetzungen unter 20 Prozent liegt. Gemäss Cisco geht es den IoT-Projekten nicht besser. In einer Veröffentlichung von Connected Futures Cisco Research heisst es, dass aus Sicht der Unternehmensführungen lediglich zwischen 15 und 35 Prozent der IoT-Initiativen erfolgreich waren. Auch wenn solche Behauptungen für Schweizer Verhältnisse wohl kaum in diesem Ausmass zutreffen, sind die Schwierigkeiten in der Umsetzung auch hierzulande nicht zu übersehen.

Ökosysteme

Die Gründe für die Schwierigkeiten sind auf den ersten Blick vielfältig und von den üblichen Verdächtigen wie "mangelnder Managementsupport", "ungenaue Projekt­abgrenzung" oder "hoher Erwartungsdruck" kaum zu unterscheiden. Ein wichtiger Faktor ist jedoch die Tatsache, dass innovative Technologien oftmals mit anderen innovativen Technologien verknüpft sind. So basieren etwa viele erfolgreiche Big-Data-Projekte auf dem kombinierten Einsatz von IoT- und Cloud-Infrastrukturen. IoT-Projekte basieren auf modernster Konnektivität und damit auf Technologien wie 5G. KI-Projekte basieren auf einer guten und modernen Infrastruktur, die alle relevanten Daten umfasst. Sie sind alle auf modernste funktionierende Ökosysteme angewiesen. Wir unterschätzen den Aufwand, diese Ökosysteme zu adaptieren und in die bestehende Systemlandschaft zu integrieren. Das muss anders werden, denn sie sind ein zentraler Erfolgsfaktor für das Gelingen innovativer Vorhaben.

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