Mehr Souveränität für Europa

Update: Bald können europäische Kunden Microsoft 365 im eigenen Rechenzentrum ausführen

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von René Jaun und Yannick Chavanne und NetzKI Bot und fsi

Mit diversen Initiativen will Microsoft seine Präsenz in Europa festigen. So erweitert der Konzern etwa sein Angebot an souveränen Cloud-Diensten und schränkt den Zugriff durch Mitarbeitende ausserhalb Europas ein.

(Source: Sam Torres / Unsplash)
(Source: Sam Torres / Unsplash)

Update vom 17.6.2025: Nachdem Microsoft Ende April 2025 fünf Zusagen an seine europäische Kundschaft abgab, geht das Unternehmen nun Schritt für Schritt ins Detail. In einer neuen Ankündigung stellt der Konzern "umfassende souveräne Lösungen für europäische Organisationen" vor. Bereits bekannt war dabei die "Sovereign Public Cloud", die aktuell als Preview-Version erhältlich ist. Microsoft will den Service noch in diesem Jahr in allen europäischen Cloud-Regionen allgemein verfügbar machen. Als Novum präsentiert Microsoft nun auch die "Sovereign Private Cloud". Das Angebot soll es Kunden ermöglichen, "bestimmte Workloads in einer physischen Umgebung unter vollständiger Kundenkontrolle auszuführen, um das Risiko von Geschäftsausfällen zu minimieren", wie es in der Mitteilung heisst.

Zum Angebot gehört "Azure Local". Dieser Service umfasst grundlegende Azure-Funktionen wie Compute-, Storage-, Netzwerk- und Virtualisierungsdienste und bietet ein konsistentes Management- und Entwicklungserlebnis. Ebenfalls erhältlich ist "Microsoft 365 Local", also die souverän gehostete Version von Microsoft 365. So können Kunden etwa Exchange- oder Sharepoint-Server im eigenen Rechenzentrum oder in souveränen Cloud-Umgebungen betreiben.

Des Weiteren kündigt Microsoft "Data Guardian" an. Dabei handelt es sich um "eine zusätzliche Schutzebene", wie der Mitteilung zu entnehmen ist. Ist ein System damit gesichert, sollen nur Microsoft-Mitarbeitende mit Wohnsitz in Europa Remote-Zugriff darauf erhalten. Darüber hinaus sorge "Data Guardian" für zusätzliche menschliche und technische Kontrolle, wann immer Ingenieurinnen und Ingenieure ausserhalb Europas Zugriff benötigen. "Jeder Remote-Zugriff auf Systeme, in denen Daten in Europa gespeichert oder verarbeitet werden, wird in Echtzeit von europäischem Personal genehmigt und überwacht und in einem manipulationssicheren Register protokolliert", verspricht Microsoft.

Die Souveränitäts-Offensive schlägt sich auch in Microsofts Partnerprogramm nieder. Dieses ergänzt Microsoft um eine entsprechende Spezialisierung im Bereich "Microsoft Sovereign Cloud". Das Unternehmen kennzeichnet damit jene Partner, die über nachgewiesene Kompetenz bei der Umsetzung souveräner Cloud-Projekte auf Basis von Microsoft-Technologie verfügen.

 

Originalmeldung vom 2.5.2025:

Microsoft baut seine Europa-Aktivitäten aus

Microsoft bemüht sich um die Gunst Europas. Anlässlich des 50-Jahr-Jubiläums seines Unternehmens bekräftigte dessen Chef Brad Smith, Microsoft wolle die europäischen Gesetze einhalten, mit Regierungen zusammenarbeiten und längerfristig auf dem Kontinent investieren.

Mögliche Köpfe zu diesen Nägeln liefert Microsoft mit einem Aktionsplan, in dem das Unternehmen fünf digitale Zusagen für Europa aufzählt. Die erste betrifft die Erweiterung seiner Cloud- und KI-Infrastruktur auf dem Kontinent. Das Unternehmen plant demnach, die Kapazität seiner Rechenzentren in Europa in den nächsten zwei Jahren um 40 Prozent zu erhöhen und deren Betrieb auf 16 europäische Länder auszudehnen. Bis 2027 sollen über 200 Rechenzentren die Cloud-Dienste auf dem Alten Kontinent unterstützen, so Microsoft.

Teil dieses Ausbaus sind bereits laufende Projekte für souveräne Clouds in Frankreich (über Bleu, mitbegründet zusammen mit Capgemini und Orange) und in Deutschland (durch Delos Cloud, eine Partnerschaft mit SAP und Arvato Systems). Zudem kündigte Microsoft an, europäische Cloud-Anbieter durch Vorzugsbedingungen verstärkt zu unterstützen.

Die zweite Verpflichtung setzt Microsoft bei der digitalen Resilienz. Um die Kontinuität der Services trotz geopolitischer Spannungen zu gewährleisten, kündigt Microsoft die Einrichtung eines europäischen Verwaltungsrats (Board of Directors) an, der die lokalen Aktivitäten überwachen soll. Zudem verspricht Microsoft, die europäische Verpflichtung zur digitalen Resilienz in alle Verträge mit hiesigen Kunden aufzunehmen. Das Unternehmen erwähnt ausserdem Backups seines Quellcodes, die in einem sicheren Depot in der Schweiz aufbewahrt werden. Sollte Microsoft von einer Regierung gezwungen werden, seine Cloud-Server in Europa abzuschalten, sollen europäische Partner auf diesen Quellcode zugreifen und diesen nutzen können, erklärt der Konzern.

Datenschutz und Cybersicherheit

Drittens sagt Microsoft anhaltendem Datenschutz zu. Das Unternehmen erinnert an die Umsetzung seiner Initiative "EU Data Boundary", die seit Januar 2024 in Kraft ist und die Datenverarbeitung in Europa für seine wichtigsten Clouddienste garantiert. Funktionen wie Azure Key Vault oder Microsoft Cloud for Sovereignty bieten Kunden eine stärkere Kontrolle über die Verschlüsselung und den Zugriff auf ihre Daten.

Die vierte Verpflichtung betrifft die Cybersicherheit. Um den wachsenden Bedrohungen zu begegnen, kündigt es die Ernennung eines stellvertretenden CISO (Deputy Chief Information Security Officer) für Europa sowie verstärkte Anstrengungen zur Einhaltung des zukünftigen Cyber Resilience Act der Europäischen Union an.

Zu guter Letzt verspricht Microsoft, die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit Europas zu unterstützen, insbesondere durch einen erweiterten Zugang zu seiner KI-Infrastruktur, die kompatibel mit Open-Source-Technologien ist. Das Unternehmen gibt an, über 1800 KI-Modelle zu hosten, darunter mehrere von europäischen Start-ups wie Mistral und Hugging Face.

 

Anfang 2025 gab Microsoft übrigens bekannt, in den kommenden Jahren 80 Milliarden US-Dollar in KI-Rechenzentren investieren zu wollen. Mehr als die Hälfte davon sind für Vorhaben in den USA vorgesehen, wie Sie hier lesen können.

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