Geplante Überwachungsmassnahme der EU

Deutschland erteilt "anlassloser Chatkontrolle" eine Absage

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von Coen Kaat und rja

Die deutsche Justizministerin und der Unionsfraktionschef stellen sich gegen die von der EU geplante Chatkontrolle. Mit einem deutschen Nein könnte die Entscheidung bereits gefallen sein.

(Source: pixtural / stock.adobe.com)
(Source: pixtural / stock.adobe.com)

Deutschland erteilt der von der EU geplanten Chatkontrolle eine Absage. Das Bundesjustizministerium findet klare Worte: "Anlasslose Chatkontrolle muss in einem Rechtsstaat tabu sein", zitiert der "Bayerische Rundfunk" die Justizministerin Stefanie Hubig (SPD). 

Private Kommunikation darf laut Hubig nie unter Generalverdacht stehen. Auch dürfe der Staat Messenger-Dienste nicht zwingen, Nachrichten vor dem Versenden massenhaft zu scannen. "Solchen Vorschlägen wird Deutschland auf EU-Ebene nicht zustimmen." Der Entwurf der EU sieht vor, dass die Nachrichten auf den Endgeräten geprüft werden - noch bevor sie allenfalls verschlüsselt werden. Dies würde eine End-to-End-Verschlüsselung wie die von Threema, Telegram, Signal und anderen Messenger-Diensten komplett aushebeln. 

Justizministerin Stefanie Hubig. (Source: Bundesregierung / Sandra Steins)

Justizministerin Stefanie Hubig. (Source: Bundesregierung / Sandra Steins)

Für die Idee, gegen die Umsetzung

Zuvor hatte sich Unionsfraktionschef Jens Spahn bereits dagegen geäussert. "Wir als CDU/CSU-Bundestagsfraktion sind gegen die anlasslose Kontrolle von Chats", zitiert ihn das Nachrichtenportal "Heise". "Das wäre so, als würde man vorsorglich mal alle Briefe öffnen und schauen, ob da etwas Verbotenes drin ist." Gemäss dem Bericht soll die Chatkontrolle vorerst nicht im Rat zur Abstimmung kommen.

Spahn stellt sich gegen die Umsetzung, nicht aber gegen die Idee dahinter, wie er klarstellt. Zur Erinnerung: Die Überwachungsmassnahme soll Inhalte, die sich um sexuellen Missbrauch von Kindern drehen, bekämpfen. Es sei klar, dass Kindesmissbrauch bekämpft werden können müsse, betonte der Fraktionschef gemäss dem Bericht. Kinder müssten aber wirksam geschützt werden, "ohne dabei die Sicherheit und Vertraulichkeit individueller Kommunikation zu gefährden".

Unionsfraktionschef Jens Spahn. (Source: cducsu.de)

Unionsfraktionschef Jens Spahn. (Source: cducsu.de)

Das Zünglein an der Waage

Deutschlands Position wird wohl entscheidend werden; die Pro- und Kontra-Lager halten sich nämlich derzeit die Waage. Italien, Frankreich und Spanien sprachen sich für die Massnahme aus. Die Niederlande, Österreich und Polen lehnen sie ab. 

Der Bundestag plant, sich am Donnerstag, 9. Oktober 2025 um 14:10 Uhr mit dem Thema zu befassen. Für rund eine Stunde steht das "Deutsche Nein zur EU-Chatkontrolle" auf dem Programm. 

 

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