Neues Konzept für Quantencomputer

Wie aus Diamanten dereinst Quantencomputer entstehen könnten

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Ein Quantenphysik-Team der TU Wien arbeitet gemeinsam mit einer japanischen Forschungsgruppe an einer neuen Architektur für Quantencomputer. Ihr Ansatz basiert auf winzigen Diamanten.

Quantencomputer galten lange als nicht realisierbar. Wissenschaft und Öffentlichkeit verschrien sie als reine Science-Fiction. Doch dann tauchten erste Unternehmen auf, die behaupteten, funktionierende Quantencomputer herstellen zu können. Sie zogen das Interesse von Regierungsorganisierungen wie der NSA oder von Konzernen wie Google auf sich.

Bis jetzt schweben noch immer Zweifel an der Funktionsfähigkeit dieser Quantenrechner im Raum. Ein Forscher-Team der TU Wien will das nun offenbar ändern. Gemeinsam mit Forschern aus Japan arbeiten die Quantenphysiker an einem neuen Konzept für Quantencomputer.

Neue Architektur lässt sich leichter miniaturisieren

Die beiden Teams schlagen eine Architektur aus winzigen Diamanten vor. Für einen verlässlich arbeitenden Quantencomputer müssten nach Ansicht der Forscher jedoch Milliarden einzelner Quantensysteme auf einem Chip untergebracht werden. Bis zu einem funktionierenden Computer sei es deshalb noch ein weiter Weg.

Die beiden Teams sind allerdings überzeugt, dass sich die Elemente der neuen Architektur besser als bisherige Ansätze in grosser Anzahl miniaturisieren und auf einem Chip unterbringen lassen. Entsprechende Experimente seien an der TU Wien bereits in Planung.

Die grundsätzliche Funktionsweise wird bei der neuen Architektur die gleich sein, wie bei allen anderen Konzepten der vergangenen Jahre. Statt eines Bits, das entweder den Wert null oder eins annehmen kann, wird der Quantencomputer mit Quantenbits, kurz Qbits, arbeiten. Diese können können sich gleichzeitig im Zustand null und im Zustand eins befinden. Dadurch erhoffen sich die Forscher "fantastische Rechenkapazitäten", wie sich Professor Jörg Schmiedmayer von der TU Wien ausdrückt.

Rechenpower dank Diamant, Stickstoff und Licht

Derartige Überlagerungszustände lassen sich auf verschiedene Arten realisieren. Beispielsweise mit Ionen, die man in elektromagnetischen Fallen festhält oder mit supraleitenden Quantenbits. Die Diamantenarchitektur funktioniert anders:

In einem hauchdünnen Diamantenplättchen bauen die Forscher an mehreren Stellen jeweils ein einzelnes Stickstoff-Atom ein, dessen Spin – das ist der Drehimpuls eines Teilchens – verschiedene Zustände annehmen kann. Die Forscher sperren jedes Stickstoffatom in einem optischen Resonator ein. Diesen kann man sich wie ein Spiegelkabinett vorstellen. Die Spiegel verhindern, dass das Atom entkommt.

Über Glasfaserleitungen können dann Photonen – Lichtteilchen – in Kontakt mit dem Quantensystem aus Spiegeln und Diamanten treten. Auf diese Weise können die Forscher den Quantenzustand manipulieren und auslesen, ohne die Quanteneigenschaften im Diamanten zu zerstören.

4,5 Milliarden Quantensysteme pro Chip nötig

Jedes einzelne dieser Systeme aus Spiegeln, Diamanten und Stickstoffatomen kann so ein Quantenbit an Informationen tragen. Also null, eins oder eine beliebige Überlagerung davon. Das Problem dabei ist, dass ein solches Quantenbit extrem instabil ist. Um die Information zuverlässig zu verarbeiten, braucht man deshalb spezielle Fehlerkorrekturverfahren. "Verwendet man Fehlerkorrekturen, kommt man beim Speichern eines Quanten-Bits nicht mehr mit einem einzelnen Quantenteilchen aus, man braucht eine komplizierte Architektur aus vielen miteinander verbundenen Systemen", sagt Michael Trupke von der TU Wien.

Nach Berechnungen der Forschung sind hierzu etwa 4,5 Milliarden der beschriebenen Quantensysteme nötig, um etwa den Algorithmus Shor-2048 auf dem Quantencomputer laufen zu lassen. Das ist ein Algorithmus zur Berechnung von Primfaktoren von 2048-Bit-Zahlen.

Nach Aussagen der Forscher ist die gewaltige Zahl an Quanten-Elementen bei allen Quantenarchitekturen notwendig und somit nicht ungewöhnlich. "Bei unserer Architektur weiss man allerdings im Prinzip, wie man sie verkleinern kann. Sie hat ein großes Potenzial zur Miniaturisierung und Massenproduktion", sagt Trupke.

Es gebe schon heute ganze Industriezweige, die mit Diamanten arbeiten würden. Entsprechend rasch würde hier die Forschung voranscheiten. Dennoch seien noch viele Probleme zu lösen. Die Verschaltung von Stickstoff-Spins in Diamanten zeigt aber einen Weg auf, der aus heutiger Sicht zum Quantencomputer führen könne.

Kein physikalisches Gesetz kann die Quantentechnologie verhindern

Trupke vergleicht die Situation mit der Entwicklung der frühen Computertechnik. Bei der Herstellung der ersten Transistoren konnte sich auch noch niemand vorstellen, wie es je gelingen sollte, Milliarden von ihnen auf einem Chip unterzubringen. Heute tragen wir solche Chips in der Hosentasche mit uns herum.

Letztlich komme es darauf an, ob wir es schaffen, die Quantentechnologie in ein Zeitalter der Massenproduktion und Miniatisierung zu führen. "Ich sehe keine physikalischen Gesetze, die uns prinzipiell davon abhalten sollten", sagt Professor Schmiedmayer.

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