Podium Tablets

Tablets als wichtiges Zusatzbusiness

Uhr | Updated
von Marc Landis

Im vierten Quartal 2011 wurden in Europa 16 Prozent weniger PCs verkauft als im entsprechenden Vorjahresquartal. Gartner sieht den Grund dafür im boomenden Geschäft mit Tablets, Smartphones und E-Book-Readern. Im Podium geben Markenhersteller, Distribution und Handel Auskunft zu den Trends im Computer-Business.

Silvia Stauebli, Country General Manager, Acer Computer
Silvia Stauebli, Country General Manager, Acer Computer

Wie muss sich der Handel aufstellen, um im PC-Business Geld zu verdienen?

Silvia Stäubli: Um Geld zu verdienen, muss beispielsweise das Bewusstsein dafür, dass Löhne nicht durch Umsatz, sondern durch Deckungsbeitrag bezahlt werden, sowohl am einen Ende der Kette, den Konzernzentralen, als auch dem anderen Ende, den Konsumenten, ankommen und deren Handlungen bestimmen. Auf der Konsumentenseite sehen wir, dass nicht echter Bedarf, sondern zum Beispiel Modetrends und soziale Kriterien vermehrt das Konsumverhalten steuern. Dadurch geht auch hier eine Schere auf: Die Geräte werden zu Spielzeugen, die oft schon nach dem ersten Ausprobieren liegen gelassen, bestenfalls noch als Statussymbol herumgezeigt werden oder bei denen nur ein kleiner Teil der implementierten Funktionen genutzt wird. Und dann muss baldmöglichst ein neues Spielzeug her. Dieses Verhalten findet sich in allen sozialen und kulturellen Schichten und es ist unabhängig von der Kaufkraft. Es führt aber dazu, dass die Produkte für den Konsumenten an Wert verlieren, er sich aber immer mehr durch diese identifiziert. Dass der Konsument für Dinge, die nur kurz einen mehr symbolischen Wert besitzen, nichts bezahlen möchte, ist die logische Folge. Was wir als Hersteller dem Handel raten, damit dieser mehr Geld verdient, also Deckungsbeitrag generiert, ist, das Geschäft wieder vermehrt nach kaufmännischen Grundsätzen zu führen, sich auf das Kerngeschäft zu fokussieren und durch die Qualität des Services hinter den Produkten deren Wert und damit den Preis zu rechtfertigen.

Wie verändert der Tablet-Trend das PC-Geschäft?

Hier müssen wir, wie in vielen Bereichen unserer Branche, eine klare Trennung zwischen privaten und beruflichen Anwendern machen. Im beruflichen Umfeld müssen wir dann wieder die produktiven Anwendungen der Tablets, wie zum Beispiel technischer Service, mobile Arbeit (Krankenhäuser, Produktionsanlagen etc.), und die nichtproduktiven, wie Informationsbeschaffung auf Reisen, unterscheiden. Bei den Tablet- Anwendungen im produktiven Umfeld sind seit vielen Jahren spezielle Hardwarelösungen im Einsatz und haben sich dort bestens bewährt. Die geforderte Mobilität, einfache Bedienung und Robustheit sowie weitere Anforderungen können «normale» PCs oder Laptops nur selten erfüllen. Bei den geschäftlichen Anwendungen im nicht-produktiven Bereich sieht es, zumindest kurzfristig, wohl anders aus. Die Gründe dafür sind aber eher modische und technologische Einflüsse, die sich gegenseitig bedingen. Der Tablet als Konzept ist ja nicht neu, und grundsätzlich besteht der Unterschied zu einem PC darin, dass alle Komponenten in einem einzigen mobilen Gerät verbaut sind. Der Unterschied zum Laptop ist der, dass beim Tablet ohne Hardwaretastatur gearbeitet werden
kann/muss. Technologische Entwicklungen bei den Geräten, bei den Betriebssystemen, bei den Anwendungen und im Bereich der Datenkommunikationen haben nun zu einem vielschichtigen Wandel in der Nutzung geführt – nicht nur bei den Tablets. Anhand derer konnten die Nachteile von Tablets teilweise kompensiert oder neue Anwendungsbereiche für Tablets erschlossen werden. Dazu gehören unter anderem neuartige Datenträger, stromsparende Prozessoren und Displays, eine Vielzahl von Sensoren und Detektoren für diverse Signale, vereinheitlichte und erweiterte Gestensteuerung, auch mittels Körperbewegungen, speziell für Tablets entwickelte oder optimierte Betriebssysteme sowie Anwendungen und Apps, die auf diesen Geräten eingesetzt werden können. Negative Nebeneffekte auf das PC-Geschäft konnten wir bisher nicht feststellen. Das Acer Iconia Tablet beispielsweise erhielt den begehrten Titel «Bestes Tablet des Jahres 2011». Der PC-Markt beinhaltet neben den festen Arbeitsstationen auch die Laptop- Hardware. Mittelfristig werden sich die Entwicklungen für den Tablet-Markt auch in den PCs und Laptops finden und mit Ausnahme der Mobilität (bei den PCs) dort dieselben Anwendungsszenarien ermöglichen, wie bei den Tablets. Dies allerdings mit sehr viel mehr Rechenleistung und Speicherplatz. Der PC-Markt wird somit von den Entwicklungen für den Tablet profitieren und zu universellen Einsatzgebieten führen. Der Tablet wird bei Privatanwendern eher als eine Art Satellit genutzt, mit dem nur wenige Daten mobil mitgetragen werden. Jedoch wird über ihn auf eigene Daten auf dem PC zuhause oder auf eigene und fremde Daten im Internet zugegriffen. Dabei spielt die Entwicklung des Cloud-Trends eine wichtige Rolle. Ob sich dieser langfristig durchsetzen wird, bleibt abzuwarten. Hier spielen auch die laufenden Kosten, verfügbare Bandbreiten und Überlegungen zum Datenschutz und zur Privatsphäre eine immer wichtigere Rolle. Sobald die neuen Hard- und Softwareentwicklungen – allen voran Windows 8 – auf breiter Front zum Einsatz kommen, wird das PC-Geschäft stark anziehen.

Vor welche Herausforderungen stellt der Tablet-Trend den Channel?

Eine der grössten Herausforderungen für den Channel ist es, die gerade nicht im Trend liegenden Geschäfte nicht zu vernachlässigen. Ein Trend ist immer ein Zug, der schon abgefahren ist, vermeintlich in Richtung Erfolg. Verständlich, dass jeder noch aufspringen möchte. Der Handel macht heute sein Geschäft von Tag zu Tag, und wir beobachten, dass darunter oft der Blick auf das Morgen leidet. Speziell in einem so kleinen Markt wie in der Schweiz hat es der Handel grundsätzlich schwer, einerseits aktuelle Geräte zu einem attraktiven Preis anbieten zu können, die Lager damit aber nicht zu überfüllen.

Haben Ultrabooks eine Chance? Wenn ja, warum, wenn nein, warum nicht?

Wir sehen im laufenden Jahr die Ultrabooks als einen entscheidenden Faktor für das Wachstum im PC-Markt, da die Endkunden nach leichteren und dünneren Notebooks mit längeren Akkulaufzeiten verlangen. Bisher sind Ultrabooks nahezu ausschliesslich mit 13-Zoll-Display erhältlich. Den Hauptanteil des Notebook-Marktes machen hingegen Geräte mit 15-Zoll-Display aus und da bringt Acer im zweiten Quartal ein entsprechendes Gerät.

Welchen Einfluss wird die Einführung von Windows 8 auf das PC-Geschäft haben?

Zunächst bleibt abzuwarten, wie gut Microsoft seine Hausaufgaben macht, um das neue Betriebssystem auch mit Tastatur und Maus nutzbar zu machen, ohne dabei zu grosse Kompromisse einzugehen. Primär ist Windows 8 ja auf den Einsatz auf mobilen Geräten ohne Tastatur und Maus ausgelegt und es setzt zudem auf Onlinebetrieb, also irgendeine Form der Internetverbindung. Eine weitere Neuerung ist die Erweiterung der Palette der unterstützten Prozessorund sonstigen Hardwarearchitektur sowie die Gestensteuerung, die selbst spezielle Anforderungen an die im Gerät verbauten Komponenten hat. Anwender, die ein Gerät mit Tastatur und Maus benutzen wollen oder müssen, werden sich je nach Stand der bestehenden Hardware mit einem Ausbau oder einer Neuanschaffung beschäftigen müssen, um Windows 8 sinnvoll nutzen zu können. Hier können neue Impulse für das PC-Geschäft entstehen, sei es durch den Ersatz konventioneller Monitore durch solche mit Touch- und Kamerafunktionen, sei es durch den Kauf von Bundles aus aufeinander abgestimmten Geräten – PC, Monitor, Tastatur, Maus und Tablet. Zudem könnten die All-in-One-Geräte einen Aufschwung erleben. Einen weiteren positiven Anreiz bei den PC-Verkäufen erwarten wir aufgrund der Tatsache, dass Windows 8 zwar auf nahezu jeder Hardware läuft, die auch für Windows 7 ausreicht. Dennoch werden viele der von Microsoft als fortschrittlich genannten Eigenschaften und Funktionen nur dann unterstützt, wenn die Hardware entsprechende Komponenten beinhaltet. Die schon genannte Gestensteuerung zählt ebenso dazu, wie die auf Hyper-V basierende Virtualisierung oder das neue Dateisystem ReFS. Dies sind nur einige Beispiele dafür, warum der PC-Markt mit seinen mittels Tastatur und Maus bedienten Geräten vermutlich einen weit grösseren Schub erfahren wird, als das bereits boomende Segment der Tablets. Um es zusammenzufassen: Windows 8 wird einen zusätzlichen Schub bewirken, bei den Tablets läuft der Trend ja schon und beschleunigt weiter.

Was sind die Trends im PC-Komponentenmarkt 2012?

Es gibt Trends auf unterschiedlichen Ebenen. Mainboard: Bei den Mainboards sehen wir, ähnlich wie bei den Kabelsystemen für Netzwerk und Schnittstellen, einen Wechsel von elektrischer zu optischer Leitung von Signalen, da aufgrund der Baudichte und Frequenz die physikalischen Grenzen der Materialien näherkommen oder schon erreicht sind. Mit immer niedrigeren Spannungen oder Signalpegeln sowie mit immer aufwendigeren Verfahren für die Signalverarbeitung werden die Grenzen zwar erweitert. Dennoch werden lichtleitende Komponenten in naher Zukunft auf jedem neuen Mainboard zu Schlüsselkomponenten werden.
Prozessor: Die Steigerung der Parallelität, die Senkung des Stroms sowie der Frequenz, die Optimierung der Datenströme und die Verbesserung der Algorithmen sind derzeit die "Trends", die kommerziell verfolgt werden und für den Anwender sichtbar sind. Eine direkte Folge der Entwicklung bei den Smartphones und Tablets sowie deren Betriebssysteme (wie Windows 8) ist, dass Prozessoren wie der ARM nun auch bei den PC-Systemen zum Einsatz kommen. Diese niedriger getakteten und mit einem speziellen (reduzierten) Befehlssatz ausgestatteten Prozessoren sind hoch effizient, reduzieren den notwendigen Programmcode und sind bei derselben Rechenleistung sparsamer. Datenträger und Speicher: Im Bereich der Datenspeicherung gibt es zwei gegenläufige Entwicklungen. Eine ist ausgelöst durch die technischen Grenzen von Endgeräten sowie der Bestrebung, den Endbenutzern möglichst viel Speicherplatz zu ermöglichen. Die erstgenannte Entwicklung ergibt sich aus der verbreiteten Nutzung mobile Endgeräte wie Smartphones und Tablets, die zwar grosse Datenmengen erzeugen, dies aber nicht speichern können. Diese Geräte können aber Daten übertragen, und so wurde zunächst versucht, das Defizit durch die oft kostenlose Bereitstellung von Speicherplatz durch die Hersteller dieser Geräte auszugleichen. Dass neben der Datenhaltung auch die Nutzung von Applikationen über dieselben Kanäle und damit ein Zusatzgeschäft – heute oft das Hauptgeschäft – zu machen ist, führte zum heutigen Marktbegriff der Cloud. Dieser Trend wird sich in den nächsten Jahren noch verstärken. Bei den bewährten Datenträgern, beispielsweise bei Festplatten, werden derzeit neue Verfahren der Magnetisierung und der Detektion serienreif gemacht, die die Datendichte nochmals erheblich steigern sowie den Stromverbrauch und damit die Abwärme reduzieren. Auch die SSD-Entwicklung geht voran. Die nach wie vor kritischste Grösse ist die Lebensdauer der Bausteine sowie der Controller, der je nach Typ (und Preis) aus einer SSD ein Nadelöhr oder ein Datenhighway macht. Display: Neue Werkstoffe und Produktionsverfahren werden, nicht zuletzt aufgrund der Anforderungen aus dem mobilen Anwendungsbereich, in rasantem Tempo vorangetrieben und zur Serienreife gebracht. So sind biegsame Displays oder solche, die lediglich zum Umschalten des Bilds, nicht aber zur Darstellung Energie benötigen, schon Realität. Was zumeist noch fehlt, sind Herstellungsverfahren, die eine Serienproduktion überhaupt ermöglichen oder die auch bei kleineren, individuellen Stückzahlen die Kosten nicht explodieren lassen. Benutzerschnittstellen: Trends gibt es hier fast ausschliesslich im nicht-professionellen Einsatzbereich. Mit ganz wenigen Ausnahmen, in denen es um Präsentationstechnik oder Konferenztechnik geht, sind Arbeitsplätze nämlich auf Bildschirm, Tastatur, Maus und Drucker festgelegt. Anders im privaten Anwendungsbereich: Hier stehen Effizienz und Effektivität weit weniger im Vordergrund als Design, Medienkonsum, Spieltrieb und Neugier. Daher müssen Benutzerschnittstellen in diesen Bereichen weit mehr leisten und Detektoren für alle möglichen Interaktionen bereitstellen. Wenn, wie bei Windows 8, genau fünf Tasten zur Steuerung eines komplexen Systems ausreichen müssen, dann gibt es zwei Wege, ein Gerät nach heutigem Stand zu bedienen: Entweder der Benutzer tippt sich auf einem wenig Rückmeldung gebenden Display durch eine lange Reihe von Punkten, bis er zur eigentlich gesuchten Funktion oder Datenstelle gelangt. Oder der Benutzer belegt einen Grossteil des Displays mit Symbolen, durch die er kürzer und schneller an sein Ziel kommt.

Webcode
EsYxhac5