Nachgefragt

Was macht eigentlich … Martin King?

Uhr | Updated
von Erhard Rüttimann

Martin King kam als junger Ingenieur in die Schweiz, um bei Landis & Gyr Microchips zu designen. Sein Talent blieb nicht lange verborgen und er kletterte schnell die Karrierleiter hoch. Als CTO der Fantastic Corporation war er für die Technologie verantwortlich, und nach dem Börsengang verfügte er über die Mittel, um sein eigenes Start-up Quickcom zu gründen. 2004 musste er Quickcom schliessen und verschwand von der Bildfläche. Was er heute macht, verrät er im persönlichen Gespräch.

Martin King
Martin King

Herr King, Sie mussten ein erfolgreiches Start-up schliessen. Warum?

Ich hatte ein grosses Problem mit einem Investor, der aufgrund eines Interessenkonflikts den Erfolg verhindern wollte. Gleichzeitig versuchte er, die Technologie für ein Butterbrot zu erwerben. Da ich gleichzeitig CEO und Investor war, waren mir in verschiedenen Bereichen die Hände gebunden. In Absprache mit den Mitarbeitern habe ich dann einen legalen Weg gesucht, um das Unternehmen zu schliessen.

Wie war das für Sie?

Das Konkursamt Zug teilte mir mit, dass sie noch nie eine so professionelle Liquidation erlebt hätten. Ich war in der Lage, den Schlüssel zu den Akten zu übergeben, worin alles fein säuberlich dokumentiert war. Wenn ich das so sage, möchte ich Menschen motivieren, was auch immer sie tun, es auf professionelle Art und Weise zu tun - selbst wenn man ein Unternehmen schliessen muss, ist dies möglich.

Was kam danach?

Für mich war klar, dass ich gern wieder ein Start-up führen würde. Allerdings hätte ich mich nicht mehr als Investor am Unternehmen beteiligt. Ich hatte so viel Energie mit Investoren verloren, die genau diese Position auszunützen suchten. Ich wusste zudem, dass ich nicht Berater auf Lebenszeit sein wollte, da man als Berater immer auch auf das nächste Projekt schauen muss und so nicht hundertprozentigen Einsatz bringen kann.

Wofür haben Sie sich dann entscheiden?

Ich war auf der Suche nach etwas Neuem und habe die Zeit mit Beratung und Interimsaufgaben überbrückt. Einige Monat habe ich für V-Zug am Redesign von Produkten gearbeitet, bin also quasi zu meinen Wurzeln zurückgekehrt. Dann bekam ich 2006 ein Angebot von Bioengineering, einem Familienunternehmen, das den Turnaround schaffen wollte. Dies war für mich der Eintritt in die Pharmaindustrie.

War es das, wonach Sie suchten?

Nein, aber es war eine wichtige Erfahrung für mich. So lernte ich zum Beispiel, dass die Pharmaindustrie, was die Produktion angeht, ganz und gar nicht hightech ist. Ich leitete die technische Abteilung und konnte so fantastische Erfahrungen mit Firmen wie Roche oder Unternehmen aus Asien machen.

Heute sind Sie CEO von Anstar. Wie kam das?

Im Sommer 2008 erhielt ich einen Anruf eines Headhunters, der mich fragte, ob ich nicht wieder CEO sein wolle. Ich antwortete ihm: Warum nicht. Er meinte, dass es sich auch um Pharma handle. Und ich erwiderte, dass ich aber nicht über das nötige Netzwerk verfüge. Worauf ich die Antwort erhielt, dass das nicht nötig sei.

Ist das nicht etwas ungewöhnlich?

Mein erstes Interview war in einem Spa in der Schweiz. Geführt wurde es von einer russischen Geschäftsfrau, die mir erklärte, was sie suchten und wie sich die Aufgabe darstellen würde. Es handelte sich um Anstar, ein Schweizer Unternehmen, das 1998 gegründet wurde. Die Firma exportierte zu einem Zeitpunkt Medikamente nach Russland, zu dem sich die meisten noch scheuten, Geschäfte mit Russland zu machen. Dann fand noch ein kurzes Interview in Genf mit einem der Investoren statt, der wissen wollte, ob ich den Job gut machen kann. Man diskutierte darüber, ob man Medikamente künftig nicht auch selbst herstellen könnte. Es war ein Start-up, wie ich es mir gewünscht hatte.

Und dann?

Kaum zuhause erhielt ich einen Anruf: "Gratulation, sie haben den Job, kommen sie doch gleich nach Russland." Dort traf ich den Projektleiter, der nicht wusste, dass ich künftig sein Chef sein würde. Ich erfuhr auch, dass bereits jemand anderes für den Job unterschrieben hatte, sich dann aber wieder zurückzog, als er gehört hatte, dass er mit Russen zusammenarbeiten sollte.

Und hatten Sie keine Angst vor diesem Schritt?

Meine grössten Bedenken waren, dass ich nicht aus der Pharma komme. Zudem musste ich in einem Land arbeiten, das ich nicht kannte und dessen Sprache ich nicht sprach. Ich musste also zuerst in einer mir unbekannten Industrie und in einem fremden Land ein Netzwerk aufbauen.

Und wie ist es bis jetzt gelaufen?

Sehr gut. Das Netzwerk ist zwar noch klein aber es ist einfach, die richtigen Leute kennenzulernen und Beziehungen aufzubauen. Und wenn man an Veranstaltungen geht, trifft man meist dieselben Personen. Es gibt sogar Leute aus Zug, die ich hier öfters treffe, die ich aber in Zug nie getroffen habe. Am meisten erstaunt mich, wie gewissenhaft in Russland geschäftet wird und wie viel Wert auf Korrektheit und Ehrlichkeit gelegt wird.

Und wie unterscheidet sich die Arbeit von der ICT?

Es gibt keinen grossen Unterschied. Das Erarbeiten einer Vision, einer Mission und einer Startegie ist praktisch gleich. Als Produzent ist es eher einfacher, da man keine technischen Architekturen entwickeln muss. Spannend ist die Aufgabe, dasselbe Produkt in einem anderen Land in derselben Qualität und zu ähnlichen Kosten herzustellen. Dafür kommt auch die Akquisition eines Unternehmens in Frage. Wir müssen in der Pharma sehr flexibel und schnell sein. Auf das Ergebnis dieses Verhaltens muss dann aber oft Jahre gewartet werden.

Ihr Fazit?

Das, was man tut, muss man so gut wie möglich tun. Man muss wissen, wann man Hilfe braucht und darf keine Angst davor haben, um Hilfe zu bitten. Höchste Professionaliät und hundertprozentiges Commitment zu dem, was man tut, ist essenziell. Macht man das nicht, ist man nicht ehrlich zu sich selbst. Man verbringt so viel Zeit seines Lebens mit Arbeiten, dass man nur glücklich sein kann, wenn man das, was man tut, von ganzem Herzen tut.

Webcode
qsVsn2Wo