Spracherkennung

Wenn der Computer Schweizerdeutsch versteht

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Siri, Google Now und Cortana sind toll. Leider verstehen sie kein Schweizerdeutsch. Das Zürcher Unternehmen Spitch will das ändern. Dessen System beherrscht schon einen Schweizer Dialekt.

Wenn uns unsere Maschinen doch bloss verstehen könnten. Einfach darauf los reden und der Computer, das Smartphone oder die Kaffeemaschine macht, was wir wollen. Gänzlich utopisch ist das nicht mehr. Apple, Google und Microsoft haben Sprachassistenten, die ganz passabel funktionieren. Amazon bietet mit Echo einen Lautsprecher, der immer zuhört und etwa Fragen nach dem Wetter beantwortet.

Diese Assistenten haben eins gemein. Sie verstehen kein Schweizerdeutsch. Englisch funktioniert gut. Hochdeutsch bisweilen auch, wenn man deutlich spricht. Aber Schweizer Mundart?

Drei Produkte, ein Dialekt

Das Zürcher Unternehmen Spitch hat vielleicht die Lösung. Am Donnerstag luden der CEO Alexey Popov und Business Development Manager David Fuss ins Zürcher Hotel Widder. Dort zeigten sie ein nach eigenen Angaben marktreifes System, das Schweizerdeutsch versteht - Zürideutsch zumindest.

Genau genommen hat Spitch drei Produkte in petto: Codyfi, Signyfi und Veryfi. Codyfi ist eine Speech-to-Text-Lösung. Das heisst, sie versteht gesprochene Sprache und wandelt sie in Text um.

Signyfi kann Zusammenhänge in gesprochener Sprache erkennen. Semantisches Tagging und Inferenz nennt das Spitch. Mit Veryfi kann Spitch die Identität eines Gesprächspartners verifizieren.

Die drei Produkte seien keine Prototypen oder experimentelle Ansätze. "Das sind fertige Lösungen", sagte David Fuss. "Wir sind bereit für den Markt."

Telefonat mit Bankberater nachgestellt

Um das zu untermauern, hatten Fuss und das anwesende Team von Spitch eine Live-Demonstration vorbereitet. Sie spielten den anwesenden Journalisten ein Beratungsgespräch der UBS vor. Fuss selbst übernahm die Rolle eines Kunden, der einen Kredit beantragen wollte. Den UBS-Part übernahm ein eigens engagierter Schauspieler.

Fuss nutzte eines der bereitstehenden Telefone in der vorderen Erzberg Stube und rief bei der UBS an. Der Schauspieler, etwa fünf Meter von Fuss entfernt, nahm den Anruf entgegen. Er befragte Fuss nach seinem Alter, Wohnort, Zivilstand und über die Höhe des gewünschten Kredits.

Fuss beantwortete die Fragen auf Schweizerdeutsch. Das System verstand, notierte sie zunächst in einem kleinen Textfeld - ebenfalls auf Schweizerdeutsch - und übertrug die Antworten dann in eine Erfassungsmaske in Schriftdeutsch.

Lediglich beim Zivilstand musste der UBS-Berater einmal nachfragen. Beim zweiten Anlauf verstand das System: Fuss ist verheiratet.

Wörterbuch für Schweizerdeutsch zu Englisch

Es folgte die Demo einer Karten-App auf einem Tablet. Wo das Grossmünster liege, fragte Fuss die App. Wenige Augenblicke später zeigte sie es auf der Karte. Einer der anwesenden Journalisten wollte wissen, wo der Bahnhof Tiefenbrunnen liegt. Er sprach kein Zürideutsch. Die App verstand trotzdem und zeigte den Bahnhof.

Im Anschluss präsentierte Fuss eine Art Wörterbuch. Es übersetzte gesprochene Schweizerdeutsche Begriffe auf Englisch.

Noch keine Kunden in der Schweiz

Anders als Apple, Microsoft, Google oder Amazon will das Team von Spitch mit seiner Lösung nicht primär Endkunden adressieren. Das Unternehmen zielt auf das B2B-Geschäft: Callcenter, Retail Banking, Versicherungen, medizinische Dienstleister.

Trotzdem gebe es unzählige weitere Anwendungsmöglichkeiten. Sprachsteuerung für Musikstreaming, Navigationssysteme, mobile Apps oder das Smarthome.

Kunden hat Spitch in der Schweiz noch keine. Es gebe jedoch mehrere Interessenten, mit denen das Team im Gespräch sei, sagte Fuss.

Weitere Dialekte in einem halben Jahr verfügbar

Die aktuelle Beschränkung auf Zürideutsch sei kein Problem. Das System lasse sich relativ einfach auf andere Dialekte ausweiten. Denn der Kern des Systems sei sprachneutral. Damit es einen anderen Dialekt oder Sprache versteht, müsse man es lediglich mit entsprechenden Sprachdatensätzen füttern.

Die bekommt Spitch unter anderem von der Universität Zürich. Bei der Entwicklung holte sich das Team von Spitch Unterstützung bei Volker Dellwo. Er forscht an der Universität Zürich zu Sprachtechnologie und dem Schweizerdeutschen Dialekt.

Italienisch und Französisch für 2016 geplant

Für die anderen schweizerdeutschen Dialekte muss das Team von Spitch erst noch die nötigen Daten sammeln. Denn die hat auch die Universität nicht oder nur begrenzt. Das Sammeln braucht Zeit. Die nächste Version des Systems soll dennoch in einem halben Jahr stehen. Die Nachfrage auf Kundenseite spiele aber auch eine Rolle. Je nach dem wie gross die sei, könne das Team seine Arbeit beschleunigen.

Im kommenden Jahr soll das System von Spitch dann auch Französisch und Italienisch verfügbar sein. Insgesamt wären es dann fünf Sprachen beziehungsweise Dialekte: Russisch, US-Englisch, Schweizerdeutsch, Französisch und Italienisch.

Unterstützung für Unix-basierte Betriebssysteme

Sprachsynthetisierung, also Text-to-Speech, bietet Spitch nicht. Das Team verhandele aber gerade mit einem Partner, der das biete. Wenn die Verhandlungen gut laufen, gibt es vielleicht bald eine Sprachsynthetisierung für Schweizerdeutsch, sagte Vadim Shchepinov. Er leitet die Niederlassung in London.

Spitchs Systeme laufen derzeit nur unter Red Hat Enterprise Linux 64-Bit und Ubuntu 64-Bit. Bei Bedarf würden aber alle sonstigen Unix-basierten Betriebssysteme unterstützt, schreibt das Team auf seiner Website.

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