CES 2016

Wenn die IT die Strassen übernimmt

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von Daniele Giampà

An der CES 2016 haben einige der grossen IT-Konzerne Lösungen für das Auto von morgen gezeigt. Firmen wie Nvidia und Microsoft sind darunter. Die Autohersteller helfen sich aber auch gegenseitig.

Die diesjährige Consumer Electronics Show in Las Vegas hat sich ein bisschen zu einer Autoshow entwickelt. Zwischen intelligenten Kühlschränken, OLED-Fernsehern und Brennstoffzellen für die Hosentasche zeigten Hersteller wie Mercedes, BMW, Volvo, Toyota, Neulinge wie Faraday Future und natürlich IT-Firmen wie Nvidia und Microsoft, wie sie sich das Auto von morgen vorstellen.

Die intelligenten Autos oder "Connected Cars" haben Lasersensoren, Radar, Kameras und GPS. Technologien, die schon heute im Einsatz sind. Mit der Hilfe von hochentwickelten Computersystemen sollen die Autos die Technologien aber künftig nutzen, um selbstständig zu fahren.

Gaming-Chip als Herzstück für autonomes Fahren

Nvidia etwa zeigte zwei neue Computersysteme für Autos: Drive CX und Drive PX. Schon an der CES 2014 lancierte der Chiphersteller aus Kalifornien einen Prozessor, der das Interesse mehrerer Autohersteller weckte: den Tegra K1. Eigentlich ein Prozessor für Gaming-Tablets. Und dennoch, Hersteller wie Audi, BMW, Tesla und Volkswagen verwenden mittlerweile Prozessoren von Nvidia.

Das neue Nvidia-System Drive CX soll die grafische Darstellung von Navigation, Tachometer und Drehzahlmesser im Auto übernehmen. Die nötige Rechenpower kommt vom Tegra K1.

Das System Drive PX unterstützt den Fahrer mit zwölf Kameras. Etwa beim Ein- und Ausparken. Über die Kameras soll das Auto ausserdem andere Verkehrsteilnehmer erkennen und den Fahrer darauf hinweisen können. Im Drive PX sitzt ebenfalls ein Tegra K1. Nvidia will Drive PX als Herzstück von selbstfahrenden Autos etablieren. 

Volvo scheint sich besonders für Nvdidias Technologie zu interessieren. Einem Bericht von Digitimes zufolge will der Autobauer als Erster das System Drive PX in seine Fahrzeuge integrieren. Laut Digitimes sollen 100 Volvo XC90 mit der Lösung von Nvidia ausgestattet werden.

Signale von der Smartwatch eines Fussgängers

Microsoft führte an der CES zusammen mit der VW-Tochter IAV und Volvo ebenfalls Produkte für das Connected Car vor. Der Softwarehersteller nutzt ein Smartphone, um Anwendungen aus Windows 10 direkt auf das Display des Autos zu übertragen. Unter anderem habe der Fahrer somit Zugriff auf Musik oder Funktionen wie Kalender und Outlook und den Sprachassistenten Cortana, schreibt Automobil-Produktion.de.

Die Entwickler von Microsoft arbeiteten aber nicht nur an Infotainment-Systemen, sondern auch an der Car-to-Infrastructure-Verbindung. Die Lösung von Microsoft basiert auf der Azure-Cloud. Damit kann das Auto Signale von Ampeln oder von einer Smartwatch am Arm eines Fussgängers erhalten. Auf diese Weise könne der Fahrer Unfälle rechtzeitig verhindern.

Mit Volvo ging Microsoft noch einen Schritt weiter. Der Autohersteller entwickelte eine App für Microsofts Fitness-Armband. Per Spracheingabe soll der Fahrer unterwegs etwa die Heizung im Auto aktivieren können, berichtet Automobil-Produktion weiter. Ausser Volvo kündigte Nissan an, die Technologien von Microsoft in alle Modelle der Leaf- und Infiniti-Baureihen integrieren zu wollen.

Einem Bericht von Cash.ch zufolge, verfolgt Toyota derweil einen anderen Weg. Statt auf die grossen IT-Firmen zu vertrauen, will der japanische Hersteller die Software von Ford in seine Autos integrieren. Einem Bericht von Cash zufolge wies Toyota etwa Angebote von Google und Apple ab. Zudem erklärte das Unternehmen, dass es bis 2019 an einem einheitlichen Kommunikationsmodul arbeiten wolle.

Auto soll Tankstelle orten und Benzinpreise abrufen können

Mercedes-Benz stellte an der CES seinen Drive Pilot vor. Dabei handle es sich um ein System, das automatisch bremsen, beschleunigen und lenken kann. Das Unternehmen will diese Lösung in die Autos der E-Klasse integrieren.

Die Technologie soll Car-to-X heissen und eine nahezu grenzenlose Kommunikation gewährleisten. Das Auto soll künftig etwa eine Tankstelle orten und gleichzeitig die Benzinpreise abrufen können. Nur tanken muss man wohl vorerst noch selbst.

Bei all dem ist das Smartphone nicht weit. Es soll künftig sogar als Autoschlüssel dienen. Es könnte sogar zu Fernsteuerung für das Auto werden. Der Fahrer könnte etwa neben dem Auto stehen und es mit dem Smartphone in den Parkplatz manövrieren.

Sensoren statt Ampeln

Die AWK Group schreibt in einem Fachartikel von Ende 2015, dass die autonomen Autos in den nächsten fünf bis zehn Jahren marktreif sein werden. Die Neuerungen in der Fahrzeugtechnologie werden aber nicht nur das Fahren an sich verändern. Sie werden voraussichtlich Auswirkungen auf den Strassenbau haben.

Bestehende Sicherheitssysteme - AWK meint Ampeln - würden womöglich überflüssig und könnten abgebaut werden. Gleichzeitig müssten die Strassen für die Kommunikation mit den Fahrzeugen aufgerüstet werden. Statt Ampeln brauche es dann Sensoren, welche die autonomen Autos mit Daten versorgen. 

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