Kolumne

Das Märchen von den zu hohen Preisen

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Der Preis beeinflusst den Unternehmensgewinn so stark wie kaum ein anderes Instrument. Wer Preisnachlässe gibt, vernichtet Gewinne. Wer seine Preise nicht optimiert, verschenkt bares Geld. Haben Sie eine echt durchdachte Preisstrategie für Ihre Leistungen?

Raphael Ledergeber, Inhaber von Ledergerber & Partner und Senior Partner bei Jürg Willi & Partner. (Quelle: Ledergerber & Partner)
Raphael Ledergeber, Inhaber von Ledergerber & Partner und Senior Partner bei Jürg Willi & Partner. (Quelle: Ledergerber & Partner)

Wir haben schon in einer Vielzahl IT-Unternehmen Preisstrategien optimiert und umgesetzt. Bei den Gesprächen hören wir immer wieder die gleichen Geschichten.

Sieben der meistgebrauchten Argumentationen:

  • "Wenn wir die Preise erhöhen, verlieren wir unsere Kunden."
  • "Unsere Kunden wollen einfach den Preis verhandeln."
  • "Unsere Kunden können sich diese Preise einfach nicht leisten."
  • "Unsere Kunden interessiert nur den Preis."
  • "Wir müssen Rabatte geben, um Geschäfte nicht zu ­verlieren."
  • "Wir können ohne Preisnachlässe fast nichts ­verkaufen."
  • "Wenn wir (endlich) die Preise senken würden, könnten wir viel mehr verkaufen."

Selbst geschaffene Realität

Nicht nur Verkäufer wissen, dass diese Geschichten auch Realität sein können. Aber sie entstehen oft durch das Denken und Handeln des Verkäufers selbst. Dadurch, dass derartige Situationen selbst und wiederholt erlebt werden, werden sie zur wahrgenommenen Realität. Hat sich dieser Glaube erst einmal im Kopf festgesetzt, sendet man meist auch entsprechende Signale unbewusst aus. Damit wird der Kunde geradezu zum Feilschen eingeladen. Weil aber diese Signale unbewusst ausgesendet werden, ist der Verkäufer überzeugt, dass die Preisverhandlungen vom Kunden selbst gefordert werden.

Dank Differenzierung dem Preiskampf entfliehen

Befindet der Zielkunde das Angebot für austauschbar, beginnt die Preisdiskussion. Es führt kein Weg daran vorbei: Entweder man differenziert sich über ein einzigartiges Nutzenangebot (Alleinstellung) – oder dann letztlich gezwungenermassen über den Preis. Somit haben Firmen, die ihre Leistungen klar differenzieren können, keinen Grund, Tiefpreise anzubieten oder Preisnachlässe zu gewähren. Tun sie es trotzdem, setzen sie den wahrgenommenen Wert ihrer Leistung herab, senden unklare Signale, schaffen damit Unsicherheit und vernichten tagtäglich Gewinnpotenzial.

Kundennutzen bestimmt den Preis

"Preiswert" heisst, dass es "den Preis wert ist", den man bezahlt. Das muss man verinnerlichen. Wenn Sie also bei einem preiswerten Produkt und einer preiswerten Dienstleistung den Wert, also den wahrgenommenen Kundennutzen, erhöhen, können Sie folglich auch den Preis erhöhen. So realisieren Sie Preisoptimierungen:

In fünf Schritten zur Preisoptimierung

  • Positionieren Sie Ihr Unternehmen messerscharf.
  • Teilen Sie Ihre Produkte und Dienstleistungen ­konsequent nach Basisanforderungen und Zusatz­leistungen auf.
  • Finden Sie die relevanten Preisschwellen heraus, an ­denen sich die Nachfrage in den jeweiligen Märkten sprunghaft ändert.
  • Entwickeln Sie eine echt durchdachte Preisstrategie und setzen Sie diese unbeirrt um – "leben" Sie sie konsequent.
  • Führen und honorieren Sie Ihre Verkäufer nicht nur nach Umsatz, Absatz und Marktanteilen, sondern auch nach Deckungsbeiträgen und vor allem auch danach, wie gut und konsequent sie die Preisstrategie umsetzen.

Nur wer sich intensiv mit seinen Zielkunden und deren Bedürfnissen und Problemstellungen auseinandersetzt, kann ihnen auch tatsächlich Nutzen stiften. Wer auch noch deren Zahlungsbereitschaft kennt, sich mit einer messerscharfen Positionierung* von seinen Wettbewerbern abgrenzt und eine durchdachte, robuste Preisstrategie hat, kann seinen Gewinn und den langfristigen Unternehmens­erfolg sichern.

*Mehr darüber lesen Sie in der Februar-Ausgabe 2016

Der Autor
Raphael Ledergerber ist dipl. Betriebsökonom FH und hat über 15 Jahre Erfahrung in leitenden Positionen in den Bereichen Strategie, Innovation, ­Change, Marketing, Verkauf sowie Produkt- und Preis­management. Unter anderem war er Business-Unit-Leiter beim IT-­Distributor Also und baute in dieser Funktion einen neuen Geschäftsbereich für Services auf. Heute ist er Inhaber von Ledergerber & Partner und Senior Partner bei Jürg Willi & Partner. Er unterstützt Firmen bei der Entwicklung und Umsetzung von Strategien. Zu seinen Kunden ­gehören unter anderen IT-Fachhändler, IT-­Dienstleister, System­integratoren und Softwarehersteller. www.ledergerber-partner.ch
Raphael Ledergerber schreibt in seiner Serie im «IT-Markt» über ­betriebswirtschaftliche Themen. 

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7929