Nachgefragt

Mehr als nur ein Vertriebspartner

Uhr | Updated
von Coen Kaat

Direkt oder indirekt? Mit den technischen Mitteln von heute können Softwareentwickler ihre Lösungen auch selbst an ihre Endkunden ausliefern. Die Redaktion fragte bei verschiedenen ERP-Anbietern nach, wofür sie eigentlich einen Vertriebspartner brauchen.

Nur eines der fünf meistgenutzten ERP-Systeme 2016 kamen von einem Entwickler, der seine Lösungen direkt vertreibt: Sorba. Das St. Galler Softwareunternehmen entwickelt Lösungen für die Baubranche. In Profondias IT-Markt-Report 2016 belegte Sorba den 5. Platz unter den ERP-Anbietern in der Schweiz.

Die Top 4 setzen auf den Channel: SAP, Abacus, Sage und Microsoft. Wieso eigentlich? Im heutigen Cloud-Zeitalter wäre doch jeder Hersteller in der Lage, seine Lösungen ohne Umwege an den Kunden zu bringen. So operiert etwa Opacc. Das Unternehmen mit Hauptsitz in Luzern setzt auf das Direktgeschäft – seit mittlerweile 28 Jahren.

"Dabei bieten wir nicht nur die Software mit allen Dienstleistungen, sondern auch sämtliche anderen damit verbundenen Leistungen an", sagt Beat Bussmann, Opaccs CEO. Zu diesen Leistungen zählen etwa die Systemplattform, der Betrieb und der Support.

Der direkte Vertrieb fördere den direkten Austausch mit dem Kunden. "Dies ermöglicht uns, neue Anforderungen schneller und besser in unseren Produkten zu verankern und den Kunden zugänglich zu machen", sagt Bussmann.

Fokus auf Kernkompetenzen

Die Redaktion fragte bei den Top 4 nach, wieso sie auf Vertriebspartner setzen. Zu einem Teil ist es wohl eine Frage der Ressourcen, wie Thomas Köberl, Marketing- und Kommunikationsverantwortlicher sowie Mitglied der Geschäftsleitung von Abacus Research sagt. Die Ressourcen seien beschränkt. Den Vertrieb seinen Partnern zu überlassen, erlaubt einem Unternehmen, sich auf andere Bereiche zu fokussieren.

"Als Softwarehersteller können wir uns voll und ganz auf unsere Kernkompetenz, der Entwicklung von Business-Software-Lösungen, konzentrieren", sagt Köberl. Ein Vertriebspartner hat hingegen die nötigen Ressourcen, einen breiteren Markt abzudecken und auch kleinere Unternehmen anzugehen.

Mit dem Verkauf von Lizenzen ist es aber noch nicht getan. "Der Vertriebspartner muss sich überlegen, mit welchem Zusatznutzen er sich positionieren will", sagt Marc Ziegler, Country Manager bei Sage Schweiz. "Reines Box-Moving wird sicher nicht zum Erfolg führen." Denn das Update-Geschäft verschwinde. Die Vertriebspartner könnten ihren Kunden nicht mehr jedes Jahr eine neue Version bereits installierter Lösungen verkaufen.

Spezialisten in den einzelnen Branchen

Der Partner muss den Hersteller also nicht bloss vertreiben, sondern ihn ergänzen. Das Potenzial dafür hat er bereits. "Unsere Partner sind Spezialisten in den unterschiedlichen Branchen wie auch in einzelnen Geschäftsbereichen, zum Beispiel Personalwesen, Logistik, Vertrieb oder Marketing", sagt Pascal Strnad, Leiter des Geschäftsbereichs KMU und Partner bei SAP Schweiz. Dieses Wissen über die branchenspezifischen Anforderungen der Kunden verwenden die Partner gemäss Strnad dazu, spezialisierte Add-ons und Teillösungen zu entwickeln und zu implementieren.

Der Partner eignet sich aber auch in anderen Bereichen Fachwissen an. "Aufgrund seiner jahrelangen Erfahrung in der Realisierung von ähnlichen Projekten und mit einem erprobten Projektmanagement kann er dafür sorgen, dass der budgetierte Zeit- und Kostenrahmen sowie alle technischen Anforderungen an die Lösung gleichermassen erfüllt werden können", sagt Köberl.

Letztlich entscheidet aber der Kunde, wie Jörg Säurich, Partner Team Unit Lead Microsoft Dynamics, sagt. "Einige Kunden wünschen mehr Herstellerkontakt", sagt er. "Andere Kunden bevorzugen die enge Zusammenarbeit mit spezifischen Partnern." 

Die vollständigen Antworten der Befragten:

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