Netapp Insight 2016

Netapp legt den Schalter um

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Vor zwei Jahren hatte Netapps Management in Berlin die Vision seiner Data Fabric gezeichnet. Jetzt hat Netapp an der Insight 2016 geliefert. Der Speicherhersteller will zum Komplettanbieter im Bereich Datenmanagement werden. Und scheint auf dem besten Weg dahin.

Joel Reich, EVP Product Operations, Netapp (Bild: Netzmedien)
Joel Reich, EVP Product Operations, Netapp (Bild: Netzmedien)

Vor zwei Jahren in Berlin: George Kurian, verantwortlich für den Bereich Product Operations, und Tom Georgens präsentieren Kunden und Technikern die Vision der Data Fabric. Eine Strategie für die Verwaltung, Bewirtschaftung und Archivierung von Daten. Egal ob On-Premise oder in der Cloud. Alles soll sich über die Produkte und Dienste von Netapp verwalten lassen. Den Managern war damals bereits klar, dass Speicherhardware Commodity werden würde. Massenware, die man mit geringer Marge verkauft. Da kam die Cloud gerade recht.

Die Manager verglichen damals die Lage der Cloud mit den Anfängen des Internets. Da habe jeder der grossen Hersteller eigene Netzwerkprotokolle verwendet. Ein nahtloser Übergang zwischen den Systemen sei hingegen kaum möglich gewesen. Netapp wollte das mit seiner Ontap-Software lösen. Zusätzlich gab es auch jede Menge Speicherhardware für Unternehmen.

Kurian und sein damaliger Chef Tom Georgens wollten die Massen mit ihrer Data Fabric begeistern. Die neuen Lösungen für die Data Fabric sollten die Umsätze in die Höhe treiben und damit die Gewinne. Dann geschah erst einmal wenig. Umsätze stagnierten, Gewinne gingen zurück. Überdies wurde der Branchenführer und ärgster Konkurrent EMC von Dell übernommen. Für die Storage-Start-ups im Silicon Valley ein Fanal, jetzt auch noch den anderen "Dinosaurier" aus dem Markt zu drängen mit neuen Storage-Konzepten und Niedrigpreisen.

Doch so einfach lässt sich ein vermeintlicher Dino nicht niederringen. Stattdessen schüttelte Netapp seine Bedränger ab und gab Gas.

Netapp reorganisierte seinen Führungsstab. Heute ist George Kurian CEO, und Tom Georgens verliess das Unternehmen. Mark Bregmann beerbte Jay Kidd als Technikchef, und Jean English wechselte als Marketingverantwortliche für IBMs Cloud-Geschäft zu Netapp. Da hatte ihre Vorgängerin Julie Parrish bereits das Unternehmen verlassen. Auch das Produktportfolio wurde überholt, ausgeweitet und durch den Zukauf von Solidfire strategisch ergänzt.

Das neue Netapp

Und heute? Netapp machte an der diesjährigen Insight in Berlin Ernst mit seiner Data Fabric. Das Unternehmen will mit der Strategie Antworten auf die Herausforderungen der digitalen Transformation liefern. Zu deren hauptsächlichen Treibern das Cloud Computing zählt.

Vor zwei Jahren hätten die Kunden die Data-Fabric-Strategie noch zu wenig wahrgenommen, erklärte Gründer Hitz in einem Gespräch an der Messe, zu der dieses Jahr 3500 Kunden und Techniker nach Berlin pilgerten. Dieses Jahr ist wohl allen klar geworden, wohin die Reise für Netapp gehen wird und dass das Unternehmen wieder in den Angriffmodus geschaltet hat. Früher zählte Netapp zu den Infrastrukturlieferanten für die Anbieter, die Unternehmen bei der digitalen Transformation unterstützen. Heute will Netapp selbst zu den grossen Anbietern zählen.

Zwar klang das dieser Tage manchmal altbacken. Etwa wenn Joel Reich, Executive Vice President für den Bereich Product Operations bei Netapp, von Daten als dem neuen Öl sprach. Das sagten die IBMs und HPEs dieser Welt, als Netapp noch von der Idee der Data Fabric sprach und quasi das Bohrgestänge lieferte. Nach Öl bohrten in den letzten Jahren die anderen. Dennoch ergibt das Bild Sinn. Insbesondere für Netapp. Das Unternehmen kombinierte, beziehungsweise webte, in den vergangenen Jahren an seiner Data Fabric.

Netapps Ingenieure verknüpften quasi die einzelnen Fäden zu einem Gewebe. Die FAS-Produkte wurden überarbeitet mit den Lösungen FAS 9000 für geschäftskritische Workloads, FAS 8200 als Allround-Gerät und nach unten hin ergänzt mit dem Modell FAS 2600 für kleine Unternehmen. Flash hat endgültig Einzug ins Produktportfolio erhalten. Mit der EF-Reihe adressiert Netapp Kunden, die einfach Leistung wollen. AFF ist die Baureihe für jene, die eigentlich ein FAS-System für verschiedene Workloads suchen, aber Flash nutzen wollen. Hierzu zählen das AFF-A700 und AFF A300.

Mit der Übernahme von Solidfire kann Netapp jene adressieren, die hochskalierbaren und wartungsarmen Flash-Speicher brauchen, so wie ihn etwa Serviceprovider benötigen. Mit 1&1 konnte Netapp einen grossen Provider in Deutschland als Kunden gewinnen. Flash gehöre die Zukunft, betonte Reich. Wann diese eintreten soll, weiss Reich leider nicht genau. In den nächsten 2 bis 15 Jahren soll es aber so weit sein.

Basis für die hybride Cloud

Die Speicherlösungen bilden nach Vorstellungen von Netapps Management die Basis für die hybride Cloud, also für die kombinierte IT-Infrastruktur aus On-Premise-, Private-Cloud- und Public-Cloud-Architekturen. Oft seien Unternehmensdaten in Silos gefangen. Einige Daten lagern im eigenen Rechenzentrum, andere in Amazons AWS-Cloud, wieder andere bei Swisscom. Die Situation mit der Cloud sei vergleichbar mit den Anfängen des Internets, als einheitliche Standards für den Datenaustausch gefehlt hätten, sagte Reich und wiederholte damit die Worte von Firmengründer Dave Hitz und von Georgens vor zwei Jahren.

Mit all den neuen Produkten will Netapp die Datensilos verbinden. Auf diese Weise sollen Unternehmen in der Lage sein, ihre Daten unabhängig von Applikationen und Speicherort zu verwalten, zu verschieben oder zu archivieren. Oder auch umzuziehen. Heute brauchten Firmen eine sogenannte Clexit-Strategie, betonte Reichs Kollege Peter Wüst, Senior Director Emerging Solutions and Innovation Group EMEA. Mit Netapps Software sei dies möglich.

Software und Services verdichten das Gewebe

Neben den klassischen Speicherprodukten bietet Netapp aber weitere, ergänzende Softwarelösungen und Appliances an. Netapps Taschenmesser, die Speichermanagementsoftware Data Ontap 9, sei in der Lage, alle Speichertypen aus dem eigenen Hause, also auch Flash-Speicher, optimal zu verwalten. Die ergänzende Lösung Ontap-Select virtualisiert Speicher und kreiert einen Speicherpool.

Ontap verwaltet auch die Speicher von Drittherstellern wie Hitachi Data System oder EMC-Dell. Die Auslieferungen von Ontap 9 seien im letzten Jahr um 35 Prozent gestiegen. Mit Data Fabric Infrastructure Analytics, einem Teil der Software On-Command Insight, können Admins die verteilte Speicherumgebung beobachten. IT-Verantwortliche können feststellen, welcher Workload in welcher Speicher- beziehungsweise Cloud-Umgebung läuft und ob nicht eine andere Cloud besser geeignet wäre.

Was sich mit Netapps Data-Fabric-Strategie anfangen lässt, präsentierte Reich auf der Bühne anhand eines Fallbeispiels. Das Jet Propulsion Laboratory (JPL) der Nasa empfängt täglich Daten seines Mars-Rovers. Diese werden von der eigenen Cloud in Amazons Cloud verschoben und ausgewertet. Anschliessend gelangen die Informationen zurück ins JPL. Die Experten werten dort die verarbeiteten Daten aus und senden dem Roboter auf Basis dieser Erkenntnis neue Anweisungen.

Einfacher, schneller, keine Silos

Mit all seinen Lösungen will Netapp drei Ziele erreichen: Unternehmen sollen Datensilos einreissen, ihre IT-Systeme einfacher verwalten und rasch skalieren können. Auf diese Weise sollen Unternehmen für aktuelle Herausforderungen wie die digitale Transformation und künftige wie das Internet of Things gewappnet sein.

Nun sehen diese Herausforderungen für jedes Unternehmen anders aus. Deshalb bietet Netapp verschiedene Services an. Im Back-up-Bereich etwa. Mit Alta Vault bietet Netapp eine Back-up-Lösung für hybride Cloud-Umgebungen an. Mit Back-up-as-a-Service offeriert Netapp Firmen in Kooperation mit seinen Partnern einen entsprechenden Service. Wer Netapps Lösungen für das Back-up in der Cloud nutzt, profitiere auch von den technischen Finessen wie etwa der Depluzierung von Daten, erklärten Netapps Manager.

Noch grösser ist das Consulting-Angebot rund um die hybride Cloud und das Datenmanagement. Netapps Berater zeigen Unternehmen mit dem Hybrid Cloud Readiness Service etwa auf, welche Daten wo lagern. Gemeinsam soll auch analysiert werden, welche Daten überhaupt relevant sind und wo künftig welche Informationen gelagert werden sollen. On-Premise, im eigenen Speicher bei deinem Colocation-Anbieter, direkt bei einem Serviceprovider oder gar einem grossen Cloud-Anbieter. Netapps Spezialisten achteten auch auf Compliance-Richtlinien, die etwa im Healthcare-Bereich eine wichtige Rolle spielen. So könnten Daten klassifiziert werden. Anschliessend werde mit dem Kunden die richtige Cloud-Sourcing-Strategie entwickelt und umgesetzt.

Raus aus der Nische

Die zahlreichen Angebote und Services zeigen auch: Netapp will raus aus der Nische und in mehreren Bereichen aktiv sein. Diesen Eindruck bestätigte auch Hitz im Gespräch. Es sei wichtig, auf mehrere Trends zu setzen. Derzeit sei Flash ein grosses Thema. Die Cloud wird erst noch ein grosses Thema werden. Hier stehe man noch am Anfang. Ähnlich wie das Internet zu der Zeit als Hitz begann, seine Firma aufzubauen und zum letzten unabhängigen grossen Speicheranbieter zu formen. Mit der Data Fabric will Hitz quasi den Wildwuchs in der Cloud zähmen und für die Kunden beherrschbar machen. Damit sie bereit sind für die Next Gen of IT.

Wie etwa IT-Systeme, wie sie Unternehmen für das Internet of Things benötigen werden. Hier will der Datenmanagement-Anbieter künftig eine wichtige Rolle spielen. Der Hersteller will aber Teil eines Ökosystems sein. Es werde keinen IoT-Komplettanbieter geben, sagte Alexander Wallner, Senior Vice President & General Manager EMEA. Dennoch will Netapp seinen Kunden einen Ende-zu-Ende-Service für das Datenmanagement anbieten. Auch hier sollen die Basis die verschiedenen Speicher- und Datenmanagementlösungen von Netapp bilden.

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