Nachgefragt

Wie Stefan Herrlich von Lancom gleich zwei heilige Kühe schlachtete

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von Coen Kaat

Am ersten Januar 2018 trat das neue Partnerprogramm von Lancom in Kraft. Der deutsche Hersteller brach dafür mit Strukturen, an denen er 15 Jahre lang festhielt. Im Interview erzählt Stefan Herrlich, geschäftsführender Gesellschafter, warum.

Stefan Herrlich, geschäftsführender Gesellschafter von Lancom. (Source: Netzmedien)
Stefan Herrlich, geschäftsführender Gesellschafter von Lancom. (Source: Netzmedien)

Was war die Idee dahinter, das neue Jahr mit einem völlig neuen Partnerprogramm zu beginnen?

Stefan Herrlich: Das Vorgängerprogramm, Lanvantage, hatten wir seit mittlerweile 15 Jahren. In der Zeit wuchs die Anzahl unserer Partner jedes Jahr im zweistelligen Prozentbereich. Mittlerweile haben wir über 6500 Partner allein in Deutschland. Vor allem kommen immer mehr grössere Partner hinzu. Die Einstiegshürde für die höchste Stufe in unserem Programm lag aber nach wie vor bei einem Jahresumsatz von 30'000 Euro mit unseren Produkten. Das heisst, ein Partner mit 1,5 Millionen Euro Jahresumsatz erhielt die gleichen Vorteile wie ein Partner, der 30'000 Euro im Jahr umsetzt. Das Programm passte hinten und vorne nicht mehr. Zugleich wollten wir das Partnerprogramm auch international ausrollen. Das alte Programm hatte ja einen starken Fokus auf Deutschland.

Das neue Programm heisst nun Lancommunity …

Das war die erste heilige Kuh, die wir geschlachtet haben. Aber ich fand, wenn wir das Partnerprogramm so grundlegend ändern, müssen wir es auch anders nennen. Mit dem neuen Namen wollen wir den Geist des Programms ausdrücken. Der Name ist Programm: Lancommunity. Wir suchen nicht den schnellen Flirt. Das Programm soll uns helfen, nachhaltige Beziehungen mit unseren Partnern zu festigen oder aufzubauen. Unsere Partner sollen wissen, dass sie mit uns auf etwas Sicheres setzen. Sie sollen wissen, dass wir morgen und übermorgen noch da sind. Und dass sich daran auch nichts ändern wird. Diese Änderungen des Programms waren kein Bauchentscheid. Wir haben monatelang geplant und auch viele Gespräche mit unseren Partnern geführt. Denn wir stellen das Programm ja nicht für uns auf den Kopf, sondern für die Beziehung zu unseren Partnern. Wenn es dem Channel gutgeht, geht es auch uns gut.

Was wollten die Partner denn ändern?

Sie waren vor allem mit der Benennung der einzelnen Partnerstufen im alten Lanvantage-Programm nicht zufrieden. Früher hiess die niedrigste Stufe Reseller, danach kamen die Advanced und Qualified Partner und die Spitze der Partnerpyramide bildeten die Solution Partner. Diese Bezeichnungen sagten aber nur uns etwas. Die Kunden wussten nicht, wo sie einen Partner einzuordnen hatten, wenn es um ihre Wertigkeit, Bedeutung und Kompetenz ging. Und wenn man ins englischsprachige Ausland ging, konnten die dortigen Firmen noch weniger mit den Benennungen anfangen. Aber wo die Partner Recht haben, haben sie Recht. Also schlachteten wir die zweite heilige Kuh. Wir beugten uns dem Industriestandard und nun nennen auch wir unsere Partnerstufen Bronze, Silber, Gold und Platin. Das wurde von den Partnern sehr positiv aufgenommen.

Wie wollen Sie Ihre Präsenz in der Schweiz stärken?

In der Vergangenheit wurden wir in der Schweiz vor allem durch unsere langjährigen Distributionspartner vertreten. Insgesamt betreuten diese etwa 60 Partner, mit denen wir regelmässig Geschäfte machen. Nun wollen wir neue Partner gewinnen. Und die wollen wir als Lancom gewinnen, mit unserer eigenen Mannschaft. Wir werden also unsere Anstrengungen in der Schweiz verstärken, wenn es darum geht, potenzielle neue Partner anzusprechen. Mit Philipp Reichstein haben wir nun auch einen dedizierten Country Manager für die Schweiz. In der Rolle wird er sich in erster Linie darum kümmern, die bestehenden Fachhandelspartner zu betreuen und neue zu akquirieren.

Was suchen Sie für neue Partner?

Wir sehen einen zunehmenden Schwenk. Weg vom "Fire and Forget", also vom Liefern und in Betrieb nehmen von Hardware und hin zu der Idee, das Netzwerk oder die Infrastruktur als Service anzubieten. Wir wollen in der Schweiz daher neue Partner gewinnen, die im Managed-Service-Geschäft tätig sind und ihren Fokus auf Netzwerkinfrastruktur und Standortvernetzung legen – also WAN, LAN und WLAN. Mit der Firma Seabix aus Villmergen konnten wir schon einen ersten Erfolg verbuchen. Jetzt wollen wir aber mehr Gas geben. Es geht mir nicht darum, hunderte neue Partner zu gewinnen. Ich will lieber 20 bis 30 Partner, die gut zu uns passen. Partner, die sich engagieren.

Hat Ihr Programm auch Platz für ein kleines Unternehmen mit weniger als 10 Mann?

Natürlich! Das Programm soll ganz explizit zeigen, dass wir uns verbunden fühlen mit dem Channel – und die Unternehmen mit 1 bis 3 Mitarbeitern gehören selbstverständlich genauso dazu, wie die mit 50 oder 150 Angestellten. Wir sind selbst ein mittelständisches Unternehmen und wir wollen auch auf Augenhöhe mit unseren Partnern agieren. Der Bronze-Partner beginnt bei einem Jahresumsatz von nur 1000 Euro. Danach kommt Silber mit 8000, Gold mit 30'000 und Platin mit einem Umsatz von 100'000 Euro im Jahr.

Dass die niedrigste Stufe einen Mindestumsatz hat, ist neu. Verlieren Sie da keine Partner?

Alle Partner, die in dem Bereich agieren, werden zunächst automatisch auf Bronze eingestuft. In einem Jahr prüfen wir dann, wo jeder einzelne steht. Der Mindestumsatz ist ja eigentlich keine wirkliche Hürde. Wenn ein Partner drei Router verkauft in einem Jahr, hat er die Voraussetzung für die Einsteigerstufe schon erreicht.

Und was ist mit dem Partner, der nur zwei Router in einem Jahr verkaufen konnte?

Der würde dann aus dem Programm herausfallen. Aber das sehen wir dann in einem Jahr.

Was haben Sie sonst noch geändert am Programm?

Früher haben wir sehr viel für unsere Top-Partner getan, die Kleineren konnten weniger profitieren. Lancommunity ist hier viel breiter aufgestellt: Mit dem neuen Modell passten wir unser Konditionenmodell an. Die Platinpartner erhalten individuelle Vertriebs- und Marketingpläne von uns. Für die übrigen schufen wir ein neues Bonusprogramm. Für den Umsatz erhalten die Partner Bonuspunkte. Diese erhalten sie aber auch für die Teilnahme an Schulungen, Webinaren, Roadshows und Trainings. Wir wollen alle ihre Aktivitäten honorieren. Die Punkte können die Partner anschliessend gegen Marketingunterstützung oder zusätzliche Discounts eintauschen. So wollten wir nochmal ein Zeichen setzen, dass für uns auch die kleineren Partner wichtig sind.

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