Editorial

Alles smart, aber nichts sonderlich intelligent

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von Coen Kaat
Coen Kaat, stellvertretender Chefredaktor, IT-Markt. (Source: Netzmedien)
Coen Kaat, stellvertretender Chefredaktor, IT-Markt. (Source: Netzmedien)

"Das Smarthome hat seinen Siegeszug angetreten." Diese oder ähnliche Schlagzeilen liest man schon seit Jahren. Das hat einerseits mit mangelnder Kreativität bei der Titelsetzung zu tun. Andererseits aber auch damit, dass vernetzte Technologien längst vom auffälligen Gadget zur alltäglichen Hauseinrichtung geworden sind. Man spricht in dem Zusammenhang zwar von Smarthome. Doch derartige Technologien sind auch für Unternehmen interessant.

Was beim Blick auf "Smart Everything" aber zuweilen unberücksichtigt bleibt, ist die Frage, ob gewisse Gegenstände wirklich smart sein müssen. So gibt es etwa Bruno, den nach Herstellerangaben ersten "Smart Can" der Welt. Ein Mülleimer, der selbst denken kann. Kann er den Müll rausbringen? Nein. Saugt er für mich die Wohnung? Naja, nicht wirklich. Bruno kann zwar Staub aufsaugen. Doch nur dort, wo er gerade steht. Im Gegensatz zu einem Staubsaugerroboter, wie etwa der Roomba, ist er nicht mobil. Dafür kann er dem Besitzer eine Nachricht schicken, wenn er voll ist oder wenn die Müllabfuhr bald wieder anrückt. Wie praktisch!

Sehr nützlich ist auch Flosstime. Dieser Zahnseide-Dispenser erinnert den Nutzer regelmässig daran, dass es wichtig ist, seine Zähne mit Zahnseide zu reinigen. Oder der smarte Gürtel Belty Good Vibes. Dieser ist so intelligent, dass nicht mal der Hersteller genau sagen kann, was der Gürtel wirklich kann – aber er macht natürlich das Leben besser! Vielleicht überzeugt aber auch die intelligente Eierablage für den Kühlschrank. Diese informiert per Push-Nachricht darüber, wie viele Eier man noch hat. Und um beim Kulinarischen zu bleiben: Wie wäre es mit einer Gabel, die erkennt, wenn der Nutzer beim Essen schmatzt und dies automatisch mit Musik überdeckt?

Für eine vollständige Liste aller bizarren Smart-Geräte reicht hier der Platz nicht. Aber folgendes verdient, noch erwähnt zu werden: Ein Muss für jeden Verkaufsmitarbeiter ist gewiss das Produkt Hushme. Das Gerät wirkt auf den ersten Blick wie ein riesiger, futuristischer Mundschutz. Der Nutzer koppelt diesen mit seinem Smartphone und schon kann niemand im Raum mehr hören oder sehen, was man am Telefon sagt.

All diese Produkte gibt oder gab es wirklich – aber definitiv nicht in meinem Haushalt. Dafür warte ich noch immer auf eine Smart Remote. Eine Fernbedienung mit Beinen, die weiss, wann ich – der Verzweiflung nahe – nach ihr suche und die dann automatisch zu mir kommt.

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