Selbstzensur im Web

Schweizer sitzen aus Angst vor Onlineüberwachung aufs Maul

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Über die Hälfte der Schweizer schränkt sich online selber ein, weil sie Angst vor Überwachung hat. Das Recherchieren sensibler politischer Inhalte oder die Äusserung von Meinungen und Gefühlen lassen sie sein. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Universität Zürich.

(Source: Maria Krisanova / Unsplash)
(Source: Maria Krisanova / Unsplash)

Fast 100 Prozent der unter-50-jährigen Schweizer sind online unterwegs. Insgesamt nutzen 2019 acht von zehn Personen hierzulande das Internet, wie aus einer Studie der Universität Zürich (UZH) hervorgeht. Von den 1122 Studienteilnehmern sind laut UZH 43 Prozent der Ansicht, dass sich die Onlineüberwachung negativ auf die Gesellschaft auswirkt. 59 Prozent gaben an, dass die mögliche Überwachung sie von der freien Informationssuche im Netz abhält.

So recherchierten sie beispielsweise nicht nach sensiblen politischen Inhalten. 56 Prozent der Befragten lassen sich aus Angst vor Überwachung davon abhalten, ihre Gefühle, Meinungen oder Interessen zu äussern. "Abschreckungseffekte aufgrund eines Überwachungsgefühls sind demokratiepolitisch bedenklich", sagt Michael Latzer, Professor für Medienwandel & Innovation an der UZH. "Sie bedrohen die Ausübung von Grundrechten und die gesellschaftliche Teilhabe via Internet."

(Source: Universität Zürich)

Skepsis gegenüber Onlineinhalten steigt

Obwohl sich das Internet 2019 zum wichtigsten Informations- und Unterhaltungsmedium der Schweizer mauserte, nimmt das Vertrauen in Onlineinhalte ab. 37 Prozent der Nutzer halten gemäss Studie etwa die Hälfte aller Inhalte für unglaubwürdig. Am meisten Vertrauen hätten die Befragten in Websites von Regierung und Behörden. Auch Inhalte der SRG und Bezahlzeitungen würden als vertrauenswürdig angesehen. Weniger Glauben schenken die Studienteilnehmer Inhalten auf Social Media und Gratiszeitungen. Der Anteil an Personen, die im Internet Fakten überprüfe, sei zwischen 2013 und 2017 stark angestiegen und liege dieses Jahr bei 71 Prozent.

Eine elektronische Wahl- oder Abstimmungsmöglichkeit würden gut die Hälfte begrüssen. Personen ab 70 Jahren zeigten sich gemäss Studie gegenüber E-Voting um einiges skeptischer als Jüngere. "Die viel diskutierten Sicherheitsmängel bisheriger E-Voting-Systeme zeigen Wirkung, doch liegt hier ein Potenzial, die geringe Wahlbeteiligung der Jungen zu erhöhen", sagt Latzer von der UZH. Dass die Qualität des politischen Systems dank des Internets zunimmt, glauben die meisten Nutzer nicht. 21 Prozent sind der Ansicht, dass Bürger aufgrund der Internetnutzung mehr Mitsprache haben. 27 Prozent glauben, dass sie mehr politische Macht haben und 39 Prozent sind der Auffassung, dass sie Politik wegen des Internets besser verstehen.

Die Post stampfte eines ihrer beiden E-Voting-Systeme ein. Künftig soll nur noch das System mit universeller Verifizierbarkeit zum Einsatz kommen. Die Nutzer des alten Systems prüfen Schadenersatzforderungen. Hier erfahren sie mehr.

(Source: Universität Zürich)

Kaufen und verkaufen

Am meisten werden mit 71 Prozent Reisen online gekauft. Insgesamt gaben 82 Prozent an, dass sie im Internet einkaufen und 87 Prozent informieren sich über Produkte. Über ein Drittel der Befragten (36 Prozent) verkaufen auch selber im Netz. Dienste der Sharing Economy wie Uber und Airbnb sind in den letzten zwei Jahren deutlich gewachsen und werden von 28 Prozent genutzt. 16 Prozent bieten selber solche Dienste an.

Was Schweizer Konsumenten innerhalb von einer Minute beim Onlineshopping kaufen und wie viel sie dabei ausgeben, können Sie hier nachlesen.

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