Ein RZ für die Umwelt

Warum in einem nordfriesischen Rechenzentrum Algen wachsen

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von Coen Kaat

Der deutsche Cloudhoster Windcloud hat ein neues Rechenzentrum gebaut - ein Rechenzentrum mit einer Algenfarm. Das Ziel dieses Pilotprojekts ist es, Treibhausgase auch abzubauen, statt diese wie andere Rechenzentren lediglich zu produzieren.

(Source: zVg)
(Source: zVg)

Rechenzentren verbrauchen viel Strom. Sehr viel Strom. Und auch immer mehr Strom. Die Rechenleistung steigt zwar deutlich schneller, wie eine aktuelle Studie im Science-Magazin (hier als PDF) zeigt. Demnach stieg der Energieverbrauch zwischen 2010 und 2018 um 6 Prozent auf 205 Terawattstunden – das ist rund 1 Prozent des gesamten Stromverbrauchs auf der Erde. Die Rechenleistung verfünffachte sich allerdings in der Zeit.

In einer anderen, etwas älteren Studie geht der schwedische Forscher Anders Andrae davon aus, dass Rechenzentren bis 2025 für 3,2 Prozent der weltweiten Emissionen von Treibhausgasen verantwortlich sein werden: insgesamt 1,9 Gigatonnen. Der Grund dafür ist unter anderem der immense Stromverbrauch.

Das BFE führt zurzeit eine Studie zum Stromverbrauch und Effizienzpotenzial von Rechenzentren in der Schweiz durch. Mehr darüber erfahren Sie hier im Interview mit Martin Jakob von TEP Energy, der die Studie gemeinsam mit der Hochschule Luzern im Auftrag des BFE durchführt.

Ein anderer Weg

Sind Rechenzentren zwangsläufig eine Belastung für die Umwelt? Nein. Ein deutsches Unternehmen versucht nun einen anderen Weg aufzuzeigen: Der Cloudhoster Windcloud eröffnete Ende August in der nordfriesischen Gemeinde Enge-Sande einen Erweiterungsbau eines seiner Rechenzentren. Dieser konnte trotz Coronapandemie planmässig fertiggestellt werden.

Das neue Rechenzentrum von Windcloud. (Source: zVg)

Das neue Gebäude beheimatet 24 Racks. Insgesamt verspricht das Unternehmen eine IT-Leistung von 60 KW. Das Rechenzentrum ist laut einer Mitteilung des Unternehmens nach der europaweit länderübergreifenden Norm EN 50600, VK3 zertifiziert. Das heisst, es soll "höchste Standards für die Verfügbarkeit, Sicherheit und Energieeffizienz garantieren".

Das spannende kommt aber noch: Das neue Rechenzentrum sowie das bestehende in Bramstedtlund setzen fast vollkommen auf nachhaltige Energie. Diese wird bis zu 98 Prozent aus der in der Region in hohem Masse vorhandenen Windenergie gewonnen.

Das wirklich spannendste kommt aber noch: Auf dem Dach des Gebäudes baute Windcloud in Kooperation mit Novagreen eine Spirulina-Algenfarm. Diese nutzt direkt die im laufenden Betrieb entstehende Abwärme.

Die Spirulina-Algenfarm. (Source: zVg)

Ein gefragtes Naturprodukt

Spirulina-Algen sind einerseits ein zurzeit stark nachgefragtes Naturprodukt. Als Nahrungsergänzungsmittel wird es etwa verschiedenen Produkten beigegeben - von Vitamin-Shots bis hin zu Katzenfutter. Die Algen können aber auch noch einen weiteren Trick: Sie absorbieren CO2.

"Das Ziel von Windcloud ist es, mit der Algenfarm im laufenden Betrieb CO2 abzubauen", sagt das Unternehmen auf Anfrage. Die Pilotanlage installierte Windcloud unter anderem auch, um den Umfang dieses Abbaus zu testen.

Windcloud plant derzeit weitere nachhaltige Partnerschaften. Wie das Unternehmen auf Anfrage präzisiert, ist es diesbezüglich mit verschiedenen möglichen Partnern im Gespräch. "Am zweiten Standort in Bramstedtlund will Windcloud Rechenzentren bauen, die direkt mit anderen Industrien verknüpft werden sollen, die Wärme benötigen." Möglich wäre etwa eine Partnerschaft im Bereich Indoor-Farming, um das, was jetzt am Standort Enge-Sande gestestet wird, im industriellen Massstab zu bauen.

Wilfried Ritter, einer der beiden Geschäftsführer von Windcloud. (Source: zVg)

"Mit dieser Kombination aus nachhaltiger Energieeinspeisung, direkt genutzter Abwärme und CO2-Abbau kommen wir unserer Vision eines CO2-absorbierenden Rechenzentrums einen entscheidenden Schritt näher", sagt Wilfried Ritter, einer der beiden Geschäftsführer von Windcloud.

Wenn das Projekt von Windcloud erfolgreich ist, könnte das weitreichende Folgen für die Rechenzentren der Zukunft haben. Denn vielleicht ist die Zukunft von Green IT ja nicht grün, sondern grünblau wie die Spirulina-Alge.

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