Floc-Technologie statt Cookies

Google will künftig "Herden" statt Individuen tracken

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von Rodolphe Koller und Übersetzung Eric Belot, kfi

Google stellt seine Alternativen zu Drittanbieter-Cookies für Werbung vor. Anstatt einzelne Benutzer anzusprechen, versucht die Floc-Technologie, alle Benutzer mit ähnlichen Interessen anzugehen.

(Source: Hanna Ferentc / iStock)
(Source: Hanna Ferentc / iStock)

Im Januar 2020 hat Google angekündigt, bis 2022 alle Drittanbieter-Cookies aus seinem Chrome-Brower entfernen zu wollen. Die vergangenen Wochen lassen Schlussfolgerungen darüber zu, wie in Zukunft Google-Dienste ohne Cookies aussehen könnten. Erstens wird Google wohl nicht damit aufhören, Daten über Nutzerinnen und Nutzer der eigenen Dienste wie Youtube zu sammeln, um gezielte Werbung zu schalten. Zweitens entwickelt Google seit mehreren Jahren Tools, um Werbetreibenden Alternativen zu Cookies anzubieten, welche die Privatsphäre besser respektieren sollen. Einige dieser Werkzeuge könnten bald auf den Markt kommen.

Zwei Alternativen in der Entwicklung

Eine erste Alternative zu Cookies ist die Fledge-Technologie. Diese ermögliche einer Website, ihren ehemaligen Besuchern Werbung anzuzeigen, während diese auf anderen Websites surfen (Retargeting). Dabei werde die Werbung den Nutzern und Nutzerinnen als Gruppe ausgespielt anstatt als Individuen. Eine zweite Alternative zu Cookies ist die Floc-Technologie (Federated Learning of Cohorts). Diese spreche alle Personen mit ähnlichen Interessen als Gruppe an. Dabei sei die Privatsphäre der Nutzerinnen und Nutzer nicht in Gefahr, denn der Einzelne gehe "in der Menge unter" und die Daten würden lokal auf dem Gerät verarbeitet. Es gäbe also keine zentralisierte Speicher mit Nutzerdaten.

Google verspricht basierend auf eigenen Simulationen, dass die Floc-Technologie fast genauso gut funktioniere wie Cookies von Drittanbietern. Werbetreibende könnten im Vergleich zu Cookie-basierter Werbung mindestens 95 Prozent Konversionen pro ausgegebenem Dollar erwarten, sagt Chetna Bindra, Produktmanager für Vertrauen und Datenschutz bei Google. Die Funktion werde in der nächsten Version von Chrome zur Verfügung stehen. Werbetreibende könnten die Funktion ab dem zweiten Quartal nutzen.

Verhaltensbasiertes Targeting

Bei Floc handelt es sich um eine Schnittstelle zur Programmierung von Anwendungen (Application Programming Interface API). Diese basiert auf einem Zuweisungsalgorithmus. Sie läuft auf dem Gerät und weist den Benutzern jede Woche basierend auf deren Web-Browsing-Aktivitäten eine Gruppe zu. Werbetreibende können dann Gruppen von Nutzern, die basierend auf ihrem Web-Browsing ähnliche Interessen äussern, gebündelt ansprechen. Um dabei die Privatsphäre zu wahren, stelle Chrome sicher, dass jede Gruppe aus genügend Personen besteht.

Die Electronic Frontier Foundation (EFF), welche den Ruf hat, sich für Online-Freiheit stark zu machen, positioniert sich als Floc-Gegner. Die EFF glaubt, dass die Technologie Cookies und deren Eingriff in die Privatsphäre durch die Belästigung verhaltensbasierter Werbung ersetzen werde. Die Gruppierung sieht den Einsatz der Floc-Technologie entsprechend kritisch: "Das Verhalten eines jeden Benutzers folgt ihm von einer Seite zur anderen wie ein Aufkleber, auf den ersten Blick unscheinbar, aber bedeutungsvoll für diejenigen, die sich auskennen. Seine jüngste Geschichte, reduziert auf ein paar Bits, wird 'demokratisiert' und mit den Dutzenden von anonymen Akteuren geteilt, die an der Bedienung einer Webseite teilnehmen. Benutzer beginnen jede Interaktion mit einem Geständnis: 'Hier ist, was ich diese Woche getan habe, bitte behandelt mich entsprechend.'"

Die Organisation weist ausserdem darauf hin, dass Websites, die ihre Benutzerinnen und Benutzer kennen (beispielsweise weil diese ein Login haben), auch in der Lage sind, zu wissen, zu welcher Gruppe sie gehören und somit ihre Interessen kennen. Sie könnten darauf aufbauend auch Vermutungen anstellen, zu welchen demografischen Gruppen diese Benutzer gehören, oder durch Reverse Engineering ableiten, welche Websites sie besucht haben.

Seit der neuen EU-DSGVO sind Cookie-Banner auf fast jeder Website im EU-Raum zu finden. Diese sind wichtig, weil Nutzerinnen und Nutzer seit den neuen Datenschutzregelungen ihr Einverständnis für den Einsatz von Cookies geben müssen. Es gibt aber Tools, mit denen man seinen Browser gewissermassen auf Diät setzen kann. Welche das sind, können Sie hier nachlesen.

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