Editorial

Als Hacker noch mit Modelleisenbahnen spielten

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von Coen Kaat
Coen Kaat, stellvertretender Chefredaktor, "IT-MARKT". (Source: Netzmedien)
Coen Kaat, stellvertretender Chefredaktor, "IT-MARKT". (Source: Netzmedien)

Woran denken Sie als Erstes, wenn Sie das Wort "Hacker" hören? Vielleicht an den Film "Hackers" aus dem Jahr 1995, in dem Angelina Jolie einen Pixie-Haarschnitt trägt? - Kein sonderlich erinnerungswürdiger Film. Vermutlich kommen Ihnen eher Bilder von Kapuzenpullis und Skimasken in den Sinn. Bilder, die man mit Datenraub und Malware assoziiert.

Der Trailer zum Film Hackers von 1995.

Dabei fing alles sehr harmlos an. Die ersten Hacker (im modernen Sinne des Wortes) waren nämlich Modelleisenbahner des "Tech Model Railroad Club" am Massachusetts Institute of Technology (MIT). Erstmals im April 1955 dokumentiert, bedeutete "hacken" damals, "sich mit Maschinen herumschlagen", wie "The New Yorker" berichtete. Ein Hacker war jemand, der technische Probleme auf eine kreativere Weise anpackte, als die Bedienungsanleitung es vorsah. Der Begriff breitete sich rasch aus und ergriff auch die aufblühende Computerszene. Das "Jargon File", auch bekannt als "The New Hacker’s Dictionary", listete in seiner ersten Ausgabe von 1975 bereits 6 Definitionen des Wortes. Die ersten 5 stellen die Freude an der Technologie und die Expertise in den Mittelpunkt. Lediglich die 6. Definition ist negativ: "Ein böswilliger oder neugieriger Eindringling, der versucht, durch He­rumstochern an Informationen zu gelangen." Die jüngste Ausgabe von 2003 liefert sogar 8 Definitionen - wieder nur eine davon negativ.

Warum also überwiegt heute dieses schlechte Bild von Hackern? Vielleicht, weil das Wort schon gefährlich klingt. Diese "negative" Bedeutung hat sich auch im Deutschen bis heute gehalten: hacken, zerhacken, kleinhacken. Die Medien haben wohl ebenfalls ihren Anteil dazu beigetragen. Seit den 90er-Jahren betiteln Medien Personen als Hacker (damals noch mehrheitlich Jugendliche), die unbefugt in IT-Systeme eingedrungen waren, und rücken so alle Hacker in ein schlechtes Licht.

Aber vielleicht ist es noch nicht zu spät, den Begriff wieder neu zu prägen, beziehungsweise die ursprüngliche Bedeutung wieder zu stärken. Gute Beispiele gibt es genügend: Ethische Hacker, die im Rahmen von Bug-Bounty-Programmen die IT-Systeme von Firmen testen, um diese zu stärken (mehr zu diesem Thema lesen Sie hier im Interview mit Sandro Nafzger von Bug Bounty Switzerland). Und ich hoffe, dass mit dem Hacker auch der Kapuzenpulli rehabilitiert werden kann - ein sehr bequemes und zu Unrecht kriminalisiertes Kleidungsstück!

Übrigens: Die Netzmedien haben im Februar die Infoplattform "SwissCybersecurity.net" lanciert. Die Redaktion berichtet dort täglich über Cybersecurity und Cybercrime. Ausser aktuellen News finden Sie auf der Plattform weiterführende Hintergrund­berichte mit Antworten auf Fragen wie: "Was hilft gegen Social Engineering?", "Wie funktionieren Verschlüsselungslösungen?" und "Was ist eigentlich Crapware?". Ein wöchentlicher Newsletter bringt die Beiträge auch direkt zu Ihnen (Hier geht's zur Newsletter-Anmeldung). Es wäre mir eine Freude, Sie auf "SwissCybersecurity.net" begrüssen zu dürfen.

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