Notebook Light

Hands-on: Apple iPad Pro

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Mit dem iPad Pro hat Apple ein Tablet auf den Markt gebracht, das vor allem eines will: arbeiten. Gerne, dachte sich die Redaktion, und testete es im Arbeitsalltag. Das hat meistens Spass gemacht.

Apple hat mit dem iPad Pro ein Tablet für mobiles Arbeiten im Portfolio. "Wow, ist das leicht", schoss es dem Tester durch den Kopf, als er Apples Über-Tablet erstmals in der Hand hielt. Mit rund 730 Gramm ist es leichter, als man zunächst vermuten würde. Das Tablet bietet eine Bildschirmdiagonale von 12,9 Zoll.

Bei diesen Dimensionen liegt es in seiner horizontalen Ausrichtung angenehm in den Händen. Noch besser stellt man es in einer Hülle - etwa Apples Smartkeyboard - vor sich auf einen Tisch. Umso irritierender ist dann der Anmeldeprozess, bei dem das iPad Pro auf der senkrechten Ausrichtung beharrt. Wer ein iPhone oder iPad besitzt, dürfte mit dem Anmeldevorgang vertraut sein. Apple führt den Nutzer durch alle Einstellungen, so dass man rasch loslegen kann.

Vorteil App-Store

Im Test arbeiteten wir hauptsächlich mit Apples Programmen Pages und Keynote sowie mit Googles Cloud-Lösungen und Incopy in Kombination mit Citrix Receiver. Microsoft Office fiel rasch weg, da man zunächst ein Abo für Office 365 hätte lösen müssen.

Überhaupt ist es zur Unsitte geworden, dass man bei praktisch jeder App mindestens Vorname, Name, E-Mail-Adresse oder zumindest seine Facebook, Twitter oder Google-Plus-Daten angeben muss. Eine Einstiegshürde die nervt, abschreckt und zum Nichtbenutzen von Apps führt. Aber der App-Store bietet zahlreiche Alternativen.

Das Arbeiten über den Citrix-Receiver im Incopy ging sehr langsam von statten. Das kann allerdings viele Gründe haben - etwa unzureichende WLAN-Verbindung - und muss nicht am Tablet liegen. Zum Vergleich: der selbe Workflow funktionierte vor Jahren bereits mit einem iPad 2.

Anmerkung zur Tastatur

Apple bewirbt das iPad Pro als Ersatz für das Notebook. Mit der Display-Tastatur zu arbeiten, macht auf Dauer aber keinen Spass. Für Poweruser empfiehlt sich die Tastatur mit Smartcover von Apple. Leistungsstärker ist die Keyboard-Hülle von Logitech. Sie bietet hintergrundbeleuchtete Tasten und schützt zusätzlich die Rückseite. Wer viel schreibt, der wird an der Tastatur seine Freude haben.

Die Signalübertragung über die Magnetkopplung funktionierte im Test einwandfrei. Die eingetippten Wörter blitzten auf dem Display auf, als sei eine kabelgebundene Tastatur an einem PC angeschlossen. Was störend fehlt ist die Funktionstaste, wie sie etwa auf dem Macbook vorhanden ist. Wer also über Fn und Delete Buchstaben und Zahlen von rechts nach links löschen will, hat Pech gehabt. Anwender müssen den Cursor manuell, etwa mit dem Pencil oder den Cursor-Tasten, an die richtige Stelle bewegen, bevor sie Zeichen löschen können.

Die Hülle ist ausreichend stabil, so dass Nutzer mit dem iPad auf dem Schoss arbeiten können. Wer etwa öfter an Konferenzen sitzt oder im Zug arbeitet, dem sei die Create von Logitech empfohlen. Die Kehrseite: Mit 725 Gramm wiegt die Hülle sogar 2 Gramm mehr als das Tablet selbst. Die Kombi brachte mit rund 1470 Gramm in etwa 100 Gramm mehr auf die Redaktionswaage, als ein Macbook Air mit einem 13-Zoll-Bildschirm.

Notebook-Light für den mobilen Poweruser

Zusammen mit einer Tastatur wird das iPad Pro zu einem Notebook-Light und Allround-Werkzeug für Büroarbeiter. Light steht hier nicht für die Hardware. Die betreibt mehrere Apps parallel den ganzen Arbeitstag lang, trotz eingeschaltetem WLAN und Bluetooth. Laut Apple können am iPad Pro sogar vier 4k-Videospuren parallel bearbeitet werden.

Der Workflow des iPad Pro ist auf die Arbeit mit Apps abgestimmt. Wer beispielsweise eine Grafik oder Bild in eine Präsentation einfügen will, der muss zunächst die gewünschte Grafik als Foto speichern, in Keynote wechseln und dann dort unter "Einfügen" das Bild aus der Foto-App laden. Drag-and-Drop wäre einfacher gewesen. Und dies, wo das iPad Pro das gelungene Feature des Split-Screens anbietet. Was einigen fehlen dürfte ist die Ordnerstruktur, wie man sie von Mac und PC her gewohnt ist. Das war auch der Kritikpunkt der Grafiker des Verlags, die das Apple-Tablet ausprobierten. Das Konzept des iPads ist für kreative Prozesse gedacht, die mit einer Idee, also bei Null beginnen und abschliessend ausgespielt werden.

Wer seine Kommunikations- und Arbeits-Apps geschickt einrichtet, wird aber speditiv arbeiten können. Das iPad Pro liefert ausreichend Leistung für den mobilen Arbeitstag. Der ausdauernde Akku und das 4G-Funkmodul machen es möglich. Das Büro kann also überall sein, Empfang vorausgesetzt.

Apple Pencil – Gelunges Werkzeug mit Potenzial

Viel Lob erhielt der Eingabestift namens Pencil. Die Grafiker fanden Gefallen an der Genauigkeit. Die Redaktoren freuten sich über einen Eingabestift ohne nennenswerte Verzögerung. Der Unterschied zwischen Tablet mit Pencil und Papier mit Stift ist wenn überhaupt gering. Praktisch ist der Stift beim bearbeiten von Dokumenten, etwa um den Cursor an die richtige Stelle zu setzen oder Textpassagen zu markieren.

Letztlich wird man den Stift als Mausersatz zu schätzen wissen. Leider kann er im Betrieb nicht mal eben seitlich befestigt werden wie beim Surface Pro 4 oder versenkt werden, wie man es von Samsungs Phablet Galaxy Note her kennt. Dafür rollt der Stift nicht sehr weit. Das Innenleben des Stifts wurde anscheinend auf eine Seite konzentriert, so dass der runde und glatte Stift dank seiner Unwucht nach kurzem rollen stehen bleibt.

Der Stift interagiert mit dem Tablet via Bluetooth. Das passiert automatisch und ohne, dass Anwender zunächst in den Untermenus der Einstellungsapp Funktionen einstellen müssen. Angenehm. Sollte der Kontakt trotzdem mal unterbrochen sein, reicht es den Stift mit seiner Rückseite in den Lightning-Connector hineinzustecken. Auf diese Weise kann der Akku des Pencil auch aufgeladen werden. Laut Technikern von Apple reicht eine Viertelminute Laden für eine halbe Stunde Arbeit. Übrigens zeigt das obere Mitteilungsfeld unter Widgets den Akkustand für das Tablet und den Stift an. Wer länger mit dem Stift arbeitet bemerkt, dass die Apps dem Stift noch hinterherhinken.

Warum kann man in Pages oder Keynote keine Grafik mit dem Stift einzeichnen? Apple steht mit seinem Tablet und dem Stift aber auch erst am Anfang. Apps wie Adobes Comp CC zeigen, wohin die Reise gehen könnte. In Adobes App ist es etwa möglich, mit dem Stift Felder für Grafik und Text zu definieren. Zeichnet ein Nutzer Linien auf das Tablet, erzeugt die App ein Textfeld, ein Andreaskreuz in einem Rechteck erzeugt einen Platzhalter für ein Bild, und so weiter. Auf diese Weise lassen sich intuitiv rasch Ideen umsetzen. So macht das Arbeiten mit einem Tablet Spass.

Gute Unterhaltung

Apropos: Spass macht auch die Kamera, die eine gute Leistung für Social-Media-Fotos bietet. Aufnahmen in schwierigen Lichtsituationen – Schummerlicht plus gleisendes Gegenlicht – lassen sich auf dem 12,9-Zoll-Bildschirm mit seiner Retina-Auflösung (264 ppi) sehen. Auch Filme schauen bereitet Freude auf dem iPad Pro. Empfehlenswert ist die Podcast-App über das zahlreiche Sendungen, etwa jene des SRF, abonniert werden können. Bei der Displaygrösse machen die HD-Varianten am meisten Sinn. Wer hier Speicherplatz spart und die SD-Variante ansieht, tut sich keinen Gefallen. Netflix und ähnliche Angebote liefern eine gute Bild und Tonqualität. Das macht sich am iPad Pro bezahlt, da Apple seinem jüngsten Tablet gleich vier Lautsprecher spendiert hat, die auch Bässe angenehm wiedergeben. So wird Filme schauen am Tablet zum Genuss.

Preis und Ausstattung

Der Preis für das iPad Pro startet bei 900 Franken für das Modell mit 32 Gigabyte Speicher und WLAN-Funktion. Am anderen Ende der Skala lockt das iPad Pro mit 128 Gigabyte Speicher und einem 4G-Modul für das ortsunabhängige Arbeiten.

Fazit

Das iPad Pro positioniert sich in Apples Portfolio irgendwo zwischen iPad Air und Macbook Air und soll die Vorzüge aus der iOS und OSX-Welt vereinen. Letztlich ist es ein Kompromiss, beziehungsweise eine Frage des Workflows. Nutzer müssen aber ihre von PC und Mac gewohnte Arbeitsweise überdenken und anpassen. Wer diesen Schritt gegangen ist, kann mit dem iPad Pro ernsthaft arbeiten. Der ausdauernde Akku, die leistungsfähige Hardware und der Eingabestift machen es möglich. So könnte das iPad Pro zur ersten Wahl werden für Anwender, die viel unterwegs arbeiten und ihr Werkzeug immer dabei haben wollen.

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