Podium

Podium-Antworten von Malte Polzin, CEO, Brack Electronics

Uhr | Updated
von Marc Landis
Malte Polzin, CEO, Brack Electronics
Malte Polzin, CEO, Brack Electronics

Wie sehen Sie die Konvergenz von IT und Unterhaltungselektronik …

… in Ihrem Sortiment?

Malte Polzin: Stark zunehmend: Immer mehr Hersteller bieten vernetzte Lösungen an – leider häufig noch nicht ganz fertiggedacht. Der Einfluss von iPhone und iPad ist stark zu spüren: Zum einen hinsichtlich der guten Absatzzahlen, zum anderen aber durch den Umstand, dass sich unter anderem Soundsysteme, Beleuchtung, Videoüberwachung und Haustechnik zunehmend durch Smartphones und Tablets bedienen lassen. Tolle Einsatzgebiete, die sich dafür anbieten.

… in den Handelskanälen allgemein?

IT- und UE-Fachhandel sind gefordert: Gehören die Geräte nun zur Informationstechnologie oder zur Unterhaltungselektronik? Darauf sollte der Handel nicht allzu viele Gedanken verschwenden: Denn in welche Schublade etwas gehört, spielt für den Kunden keine Rolle – er will Lösungen. Vor allem von einem «Laden um die Ecke». Die streng nach Bereich getrennten Laufmeter im Retail haben jedenfalls ausgedient.

… im Nutzerverhalten der Endkonsumenten?

Nutzern fehlt oft der Überblick: Es ist nicht einfach, die für eine bestimmte Vernetzung nötigen Komponenten zusammenzustellen. Zumal jeder Hersteller gerne das eigene Zubehör verkauft und bewirbt, obwohl die Vernetzung auch mit ebenso guten Geräten der Konkurrenz funktionieren würde. Als Händler nutzen wir verschiedene Mittel, um unseren Kunden unter die Arme zu greifen: Wir arbeiten mit «Sets», das sind Zusammenstellungen von Produkten, von denen wir durch interne und externe Tests wissen, dass sie vernetzt funktionieren. Zur Beschreibung nutzen wir die multimedialen Möglichkeiten des Webs: Bilder, Videos, aber auch die Kommentare von anderen Nutzern. Teilweise bieten wir Hilfe über Themenschwerpunkte in unserem Blog, sogenannte «Focus Week»-Hintergrundartikel. Der Anspruch und der Bedarf der User nach Informationen sind deutlich gewachsen. Momentan bekommen sie die Informationen eher online als im Fachhandel.

Wie müsste sich der IT-Fachhandel aufstellen, um mit Unterhaltungselektronik Geld zu verdienen?

Der IT-Fachhandel hat in meinen Augen gegenüber dem UE-Fachhandel deutliche Vorteile in der technischen Kompetenz. Im Kern machen konvergente Lösungen nun einmal die Netzwerkverbindung und Storage in Form eines NAS aus – also Disziplinen, in denen IT-Leute deutlich mehr Erfahrungen erworben haben. Diese Kompetenzen gilt es hervorzuheben. Allgemein, denke ich, müssen IT-Fachhändler ihre Dienstleistungen in den Vordergrund stellen. Was die realisierbaren Margen angeht, reicht der reine Geräteverkauf nicht mehr aus. Der IT-Fachhandel sollte auch offen gegenüber neuartigen Shop-Konzepten sein. Häufig genügen die Ladenlokale nicht mehr den Anforderungen der Kunden im Hinblick auf Design und Produktpräsentation. Hier haben viele UE-Händler noch deutlich die Nase vorn! Lösungen zeigen ist gefragt: Warum den Laden nicht als vernetzte Wohnung bauen? Alles ist zum Anfassen und Ausprobieren – so wie es dann auch beim Kunden zuhause sein soll. Einfach einzelne Produkte mit Preis hinzustellen, das sollte der Fachhandel dem Retail überlassen. In der Denke sollte der Fachhändler den Fokus vom reinen Produktverkäufer hin zum Servicepartner richten, der Dienstleistungen verkauft.

Welche fachlichen Fähigkeiten muss der IT-Handel mitbringen, um Unterhaltungselektronik kompetent und erfolgreich verkaufen zu können?

Teilweise habe ich das bereits beantwortet. Ich denke, sie sollten sich nicht als IT- oder UE-Händler fühlen, sondern als «Home Electronics Service Partner» des Kunden. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis Wasch- oder Kaffeemaschinen mit Internetanschluss vor der Tür stehen. Wer soll denn so etwas besser verkaufen? Fachlich müssen sie fit in allen neuen Technologien und übergreifenden Standards sein. Wichtig ist aber auch die Softwarekomponente, insbesondere das Wissen um mobile Apps. Um wirklich umfassend beraten zu können, müssen sie sowohl die möglichen Anwendungsgebiete als auch die neuen Anforderungen ihrer Kunden kennen. Dann ist der Kunde auch dazu bereit, Zusatzdienstleistungen zu bezahlen, die er anderswo, wo das Produkt günstiger wäre, vielleicht nicht erhält – Installation und Konfiguration etwa.

Wie sehen Sie das Spannungsfeld zwischen dem stationären Handel und dem Internethandel bei Unterhaltungselektronikprodukten?

Noch kann sich der Kunde online häufig besser über ein Produkt informieren als offline – günstiger bekommt er es ohnehin online. Das wird sich auch nicht mehr ändern. Ich bin fest davon überzeugt, dass es beide Kanäle braucht, aber leider wird es im Fachhandel eine weitere Konsolidierung geben. Der Retail wird seine Flächenschlacht wohl nicht profitabel gewinnen. Wenn der Retail zusätzlich mit halbherzigen Onlinekonzepten punkten will, wird er damit keinen Erfolg haben. Mit aufeinander abgestimmten Konzepten können Online- und Offlinehandel einander stützen – aber das braucht noch etwas Zeit.

Wie sind die Zukunftsaussichten im Geschäft mit Unterhaltungselektronik?

Durchwachsen. Immer mehr Funktionen wandern in ein Gerät. Dieses Gerät wird immer billiger und kommt von immer weniger Herstellern. Aber: Die Komplexität wird sinken – damit wird eine stärkere Nachfrage erzeugt. Wie das im Verhältnis ausgeht, ist noch ungewiss. Reine «box mover» werden in immer höhere Stückzahlen getrieben, um profitabel zu handeln. Aber ich erwarte auch immer mehr Premium-Anbieter. Denn Kunden wollen sich differenzieren. Ein Beispiel: Ein iPhone haben viele – aber wer hat die schönste Dockingstation oder die beste Integration in eine Multiroom-Lösung? Der Lösungsansatz wird somit für den Handel äusserst spannend.

Webcode
3UA2eUvE