Die grossen Berge meistern - einmal schnell, einmal blind
Andy Holzer hat 8000 Meter hohe Berge bezwungen, ohne auf seine Augen angewiesen zu sein. Karl Egloff bestieg einen 8000er in weniger als 18 Stunden. Beide Sportler teilten Impulse aus ihrem Leben an der diesjährigen ICT-Networkingparty. Zum Nachtisch servierte Patrick Karpiczenko Witziges und Nachdenkliches rund um KI.

"Three, Two, One, Boom" - das Programm der ICT-Networkingparty 2025 startete mit einem Countdown, einem Knall und einer abhebenden Rakete. Mit der Sequenz stimmte Gastgeberin Vania Kohli das Publikum im Berner Kursaal auf das Motto des Abends ein: "Hoch hinaus".
Kohli organisiert das jährliche Klassentreffen der Schweizer ICT-Branche schon seit vielen Jahren, doch als Initiant der Party, die dieses Jahr zum 22. Mal stattfand, gilt Fritz Sutter, den Kohli ganz besonders willkommen hiess. Der heute über 80-jährige Sutter, der den Event 2015 letztmals ausrichtete, habe bereits über 40 der 48 Schweizer 4000er-Berge bestiegen, verriet die Gastgeberin. "Und wenn er nicht einmal pro Woche eine Velotour unternimmt, ist es ihm nicht wohl."
Asut-Präsidentin Judith Bellaiche (links) und Gastgeberin Vania Kohli an der ICT-Networkingparty 2025. (Source: zVg)
Die gepflegte Abhängigkeit
Das Bergsteigen gehört auch zu den Leidenschaften der beiden Hauptreferenten im ersten Teil der ICT-Networkingparty 2025. Beide stellen sich dabei ganz besonderen Herausforderungen. So ist Andy Holzer zwar einer von Tausenden, die den Mount Everest, den höchsten Berg der Welt, bestiegen; der Österreicher ist jedoch erst die weltweit zweite blinde Person, die diesen und viele weitere Gipfel erklomm.
Nicht nur beim Bergsteigen musste der 58-Jährige gegen Vorurteile und Zweifel aus der Gesellschaft ankämpfen, wie er in seinem äusserst humorvollen Referat aufzeigte. Die Passanten, wie er sie nannte, "haben keine Ahnung, wo du herkommst, wo du hinwillst, welches Feuer in dir glüht und welche Lösungen du im Kopf hast. Aber sie kommentieren lautstark jeden deiner Schritte." Alle im Publikum hätten mit solchen Passanten zu tun – und gelegentlich würden auch alle Anwesenden unbewusst selbst zu Passanten, sagte der Referent. "Lasst euch von den Passanten nicht unterkriegen", riet Holzer und fügte hinzu: "die Passanten von heute könnten auch unsere Kunden der Zukunft sein. Darum grüssen wir sie freundlich!"
Andy Holzer, die weltweit zweite blinde Person, die den Mount Everest erklommen hat. (Source: zVg)
Wiederholt kam der Bergsteiger in seinem Vortrag auf die Themen Führung und Abhängigkeit zu sprechen. Ein guter CEO, sagte er etwa, vertraue nicht nur auf seinen eigenen Informationsstand, sondern suche auch einmal Rat und Impulse von seinen Lehrlingen. "Dynamische Führung" nannte er dieses Konzept. Beim Thema Abhängigkeit kam er auf seine zwei Begleiter zu sprechen, mit denen er den Mount Everest bestieg. Nur zu dritt hätten sie dieses Wagnis geschafft, stellt er klar. "Einer alleine wäre nicht hochgekommen." Entsprechend, sagte er, ist "die gepflegte Abhängigkeit das Geilste, das es gibt".
Wieder aufgestanden
Auch Karl Egloffs Welt sind die Berge. Was ihn umtreibt, ist die Herausforderung, die Gipfel schnell zu erklimmen - äusserst schnell. Um etwa den Kilimandscharo zu besteigen, planen viele Touristen sechs Tage ein. Egloff aber stürmte den Gipfel des 5895 Meter hohen Berges in 6 Stunden und 42 Minuten. Für vier der "Big Seven" – der höchsten Berge auf 7 Kontinenten – hält der Leistungssportler den Geschwindigkeits-Weltrekord. Aktuell bereitet er sich darauf vor, auch den Mount Everest so geschwind wie möglich zu besteigen. Den in Nepal gelegenen Makalu, 8463 Meter hoch, bezwang er bereits in 17 Stunden, 18 Minuten.
Seinen Weg zum Speedclimbing beschrieb Egloff als eine Aneinanderreihung von Zufällen. Die Liebe zu den Bergen trug der in Ecuador aufgewachsene Referent schon seit seiner Kindheit in sich. "Der Bergsport zeigt dir ganz viel Einfachheit", sagte er zu seiner Leidenschaft. Und zu seiner beruflichen Tätigkeit als Bergführer merkte er an: "Es ist faszinierend, mit Leuten unterwegs zu sein, die ihre Träume verwirklichen, und sie dabei zu unterstützen."
Karl Egloff, Speedclimber mit Netflix-Deal. (Source: zVg)
Doch Egloff sprach nicht nur Höhepunkte, sondern auch Schicksalsschläge an. So brachte die Coronapandemie seine leistungssportlichen Aktivitäten - und damit auch den Geldfluss seitens Sponsoren - fast gänzlich zum Stillstand. 2022 schliesslich wurden er und seine Familie in Ecuador Opfer eines bewaffneten Überfalls mit Geiselnahme. In der Folge lebte seine Familie unter strengen Sicherheitsauflagen. "In so einem Moment ist Sport definitiv kein Muss mehr", konstatierte er.
Schliesslich fasste er den Entschluss, mit seiner Familie in seine zweite Heimat, die Schweiz, umzusiedeln. "Mir war bewusst, da kennt dich niemand, da muss ich von Null anfangen, irgendwo 40 Stunden die Woche arbeiten und den Sport aufgeben." Die Motivation seines Entscheids habe er sich täglich im Spiegel zugesprochen: "Du machst das deiner Kinder wegen, damit sie eine bessere Zukunft haben; damit sie als Kinder leben können und nicht in Gefangenschaft und Angst aufwachsen müssen."
In der Tat zügelte Familie Egloff inzwischen in die Schweiz. Dass Karl Egloff entgegen seinen Erwartungen sich nun doch auf das Speedclimbing des Everest vorbereitet, ist einem Filmangebot des Unternehmens Netflix zu verdanken - aber nicht nur: "Nachdem ich den tiefsten Punkt meines Lebens erreicht hatte, wollte ich meinen Kindern zeigen, wie man wieder aufsteht", erklärte der Referent.
Künstliche Mittelmässigkeit
Natürlich wurde an der ICT-Networkingparty auch über Informatik gesprochen. Gleich zu Beginn sagte Judith Bellaiche, bis Herbst 2023 Nationalrätin und seit Kurzem Asut-Präsidentin, das Motto "Hoch hinaus" beschreibe perfekt, worum es "in unserer Branche geht: nämlich um den Ehrgeiz, die Grenzen des Möglichen zu verschieben". In einer Zeit, in der Technologie das Leben der Menschen verändere, sei der Drang, nach oben zu streben, nicht nur ein Wunsch, sondern eine Notwendigkeit, sagte die Referentin. Einen Schwerpunkt ihrer Rede legte Bellaiche auf den Wettbewerb, den sie als "Sauerstoff des Fortschritts" bezeichnete. Dieser Wettbewerb sei gefährdet und mehrere Staaten versuchten, sich ihm durch Protektionismus, Abschottung und Handelshemmnisse zu entziehen. Während Wettbewerb die Chance bedeute, voneinander zu lernen, sei dessen Verweigerung "ein Race to the Bottom". Technologie sei nicht mehr nur ein Werkzeug, sondern ein Machtinstrument, sprach Bellaiche weiter. Die Frage, wie die Schweiz dieser Entwicklung begegnen könnte, liess die Rednerin offen: "Resilienz durch Eigenständigkeit vielleicht? Oder ganz im Gegenteil: Mehr Partnerschaften eingehen und so die Abhängigkeiten der Lieferketten diversifizieren? Oder komplett alternative, disruptive Technolgien einsetzen? Vermutlich all das", sagte Bellaiche. Sicher sei, dass künftig nebst Mut und Ausdauer auch viel Agilität gefragt sein werde. "Hoch hinaus bedeutet, jeden Tag neu zu definieren, was möglich ist".
Patrick "Karpi" Karpiczenko, KI-Komiker. (Source: zVg)
Und wie hoch hinaus kommt man mit künstlicher Intelligenz? Diese Frage stand im Mittelpunkt des letzten Vortrages, gehalten von Patrick "Karpi" Karpiczenko. Der Autor, Filmmacher und Komiker nahm das Publikum mit auf einen Streifzug seiner IT-Spielereien und KI-Erzeugnisse der vergangenen Jahre. Der von ihm programmierte Bot "Jeden Tag eine Volksinitiative" war ebenso vertreten wie sein Video-Trailer für eine Horror-Version von "Heidi". Letztere sei über 20 Millionen Mal angeschaut worden. Entstanden sei sie binnen eines Nachmittags. "Ich habe noch nie so viel Aufmerksamkeit für so wenig Aufwand erhalten. Eine gefährliche Entwicklung - für mein Ego", kommentierte er.
Immer wieder wies Karpiczenko auch auf die Grenzen der neuartigen Technologie hin. So zeigte er, dass eine Bildgenerierungs-KI zwar ohne Probleme einen "Mann auf einem Pferd" zeichnen konnte, während sie dagegen mit einem "Pferd auf einem Mann" hoffnungslos überfordert war. Der Referent erklärte auch den Grund dafür: KI-Modelle werden mit dem Internet - "mit unserem kollektiven Wissen" - trainiert; und Bilder von Pferden, die auf Menschen reiten, kämen darin kaum vor. "Die KI ist nur so gut wie die Daten, mit denen sie trainiert ist", fasste er zusammen und fand, er spreche lieber von "künstlichem Mittelmass" anstatt von künstlicher Intelligenz. Als Stärken der KI hob der Speaker ihre Fähigkeit hervor, viele Daten zu verarbeiten. Ausserdem eigne sich die Technologie sehr gut, um Prototypen möglicher Produkte anzufertigen. Damit daraus jedoch qualitativ gute Produkte werden, brauche es nach wie vor viel menschliche Arbeit.
Die nächste ICT-Networkingparty findet am 22. Januar 2026 statt.
2024 lautete das Motto des Networking-Anlasses übrigens: Alles hat zwei Seiten. Highlight des Abends war ein Auftritt des Astrophysikers Thomas Zurbuchen, über den Sie hier mehr erfahren.

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