Was Kunden wollen

Was der Sicherheitsexperte Certas von seinen IT-Partnern erwartet

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von Coen Kaat

Die über 170 Mitarbeitenden der Firma Certas überwachen über 53'000 Alarmanlagen. Das Tochterunternehmen von ­Siemens Schweiz und der Securitas-Gruppe betreibt zu diesem Zweck an drei Standorten Einsatzzentralen, die rund um die Uhr aktiv sein müssen. CIO Daniel Minder erklärt, wie IT-Partner Certas dabei unterstützen.

Daniel Minder, CIO bei Certas. (Source: Kim Zehntner)
Daniel Minder, CIO bei Certas. (Source: Kim Zehntner)

Was beinhaltet Ihre tägliche Arbeit und wo kommen Sie mit IT-Dienstleistern in Berührung?

Daniel Minder: Als grösste private Alarmzentrale der Schweiz ist eine unterbrechungsfreie IT und Telefonie im 7x24h-Betrieb für uns allgegenwärtig und ein Muss. Unsere Kunden vertrauen darauf, dass wir rund um die Uhr bereitstehen und wenn nötig für sie handeln. Im Schnitt verarbeiten wir pro Monat knapp 2 Millionen Meldungen in unseren drei Alarmzentralen in Zürich, Lausanne und Lugano. Ein Grossteil davon wird automatisiert verarbeitet und wenn erforderlich übernimmt ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin der Alarmzentrale die weitere Verarbeitung und sorgt dafür, dass im Notfall innert kürzester Zeit die notwendigen Massnahmen ergriffen werden und die richtigen Personen zuhilfe kommen können. Selbst komme ich hauptsächlich in drei Bereichen mit IT-Dienstleistern in Berührung. Natürlich im Bereich Produktmanagement/Weiterentwicklung unserer Dienstleistungen, im Rahmen von Projekten und in der Sicherstellung des laufenden IT-Betriebs.

 

Welches sind die drei wichtigsten Eigenschaften, die Ihre IT-Dienstleister mitbringen müssen?

Wir arbeiten langfristig mit IT-Dienstleistern zusammen, die sich mit unserem Geschäft, den Prozessen und den Zukunftsszenarien auseinandersetzen, uns konstruktiv herausfordern und mithelfen, Optionen aufzuzeigen. Obwohl wir von der Grösse her ein KMU sind, stemmen wir eine IT-Komplexität auf Enterprise-Level. Dies als IT-Dienstleister zu erkennen und auch im Verbund mit weiteren Lieferanten konstruktiv zusammenzuarbeiten, ist eine wichtige Voraussetzung. Und last but not least muss ein IT-Dienstleister bereit sein, die drei Hauptwerte der Certas mitzutragen: visionär, zuverlässig, menschlich.

 

Was sollten (potenzielle) IT-Partner tunlichst vermeiden?

Ein isoliertes Produkt anbieten, kurzfristiges Denken, die Meinung haben, es besser zu wissen, und wenn Probleme auftauchen, erst einmal die Position vertreten, dass es nicht am eigenen Produkt/Service liegen kann.

 

Welche Bereiche Ihrer Unternehmens-IT haben Sie ausgelagert?

Als Tochtergesellschaft (zu gleichen Teilen) der Securitas Schweiz und Siemens profitieren wir davon, dass wir die ganze IT ausserhalb des Kerngeschäfts "Alarmzentrale" im Outsourcing-Vertrag der Securitas-Gruppe beziehen können. Dies erlaubt es dem internen IT-Team, sich primär auf die Kernaktivität unserer Dienstleistung zu konzentrieren.

 

Wie kaufen Sie IT-Hardware und -Software beziehungsweise komplette Lösungen ein?

Da wir in einer eng spezialisierten Nische tätig sind, gibt es keine komplette Lösung auf dem Markt. Zudem sind wir eingebunden in ein umfassendes, sehr heterogenes IT-Ökosystem diverser Hersteller, Produkte, Normen und Protokolle in den Bereichen Sicherheit, Alarmierung und Komfort.

 

Beziehen Sie Lösungen direkt beim Hersteller oder bei einem Händler?

Standardkomponenten beziehen wir entweder im Rahmen unseres Outsourcing-Vertrags oder über Händler. Spezifische Komponenten für unser Kerngeschäft beziehen wir in der Regel direkt über den Hersteller, der auch den Support leistet – was für uns ein wichtiges Kriterium ist.

 

Welche Bereiche würden Sie nie auslagern?

Das ganze Know-how im Umfeld unserer Kernapplikationen beziehungsweise der umfassenden Verarbeitungskette vom Kunden zum Kunden. Dieses Wissen ist zentral, um den 7x24h-Betrieb sicherzustellen und unser Geschäft weiterzuentwickeln. Es handelt sich dabei um spezifisches Wissen, das man nicht auf dem Markt findet, sondern das sich unsere Mitarbeitenden über eine lange Zeit aneignen. Zudem erfüllen wir die strenge europäische Norm für Alarmzentralen (EN50518), die ebenfalls vorschreibt, dass bestimmte Bereiche nicht ausgelagert werden dürfen.

 

Was werden in der nächsten Zeit die grössten technischen Herausforderungen im Bereich IT für Sie sein?

Wir stellen fest, dass die heutigen Lösungen im Sicherheits- und Komfortbereich immer leistungsfähiger werden und den Kunden immer mehr direkte Informationen und Nachrichten aus einer technischen Sicht zur Verfügung stellen, beziehungsweise zusenden. Eine steigende Meldungsflut, die Kunden auch überfluten kann und uns die Möglichkeit gibt, den Kunden zu entlasten und ihn nur bei wirklich kritischen Ereignissen zu kontaktieren. Ausserdem wird es für uns wichtig sein, die heute noch existierenden Medienbrüche zwischen den interagierenden Partnern in der Alarmierungskette immer mehr zu digitalisieren – zum Beispiel ein direktes Aufgebot einer Intervention mit allen notwendigen Informationen. Marktseitig sehen wir, dass sich besonders der Bereich Home Consumer und Gebäudeautomation stark wandelt und sich eine Vielzahl von neuen Anbietern mit neuen Systemen oder Funktionen im Bereich Sicherheit/Komfort zu etablieren versuchen – Stichwort IoT. Welche dieser Lösungen wir zukünftig technisch und kommerziell integrieren wollen, ist sicherlich ebenfalls eine Herausforderung.

 

Welche Rolle spielen Cloud, IoT, KI, Cybersecurity in Ihrer
IT-Strategie?

Eine wichtige Rolle. Clouds sind bei uns Alltag, wenn auch nicht im Sinne, dass wir unsere IT in die Cloud verlagern. Früher haben alle aufgeschalteten Anlagen direkt zu Certas übermittelt. Heute übermitteln immer mehr Anlagen indirekt über die Cloud des Herstellers zu uns. Für unsere Kernsysteme setzen wir auf die private Cloud und die Verwendung von Always-on-Technologien. Cybersecurity ist ein grosses und permanentes Thema, gerade im Sicherheitsbereich und bei der notwendigen Verfügbarkeit unserer Systeme rund um die Uhr. KI im Sicherheitsbereich ist aktuell vor allem in der Analyse von Videoaufnahmen zu finden und wird sicherlich in der Zukunft vermehrt Einzug halten.

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