Nachgefragt Stella Gatziu Grivas, FHNW

Wie die Cloud die Grenzen der bisherigen Zuständigkeitsbereiche sprengt

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von Coen Kaat

Die Ende März abgeschlossene "FHNW Cloud-Studie 2018" deutet auf ein Spannungsfeld zwischen dem Business und der IT hin. Stella Gatziu Grivas, Leiterin des Kompetenzschwerpunkts Cloud Computing, Digitalisation & Transformation der FHNW, leitete die Studie und erklärt im Interview, was die Resultate für Unternehmen bedeuten.

Stella Gatziu Grivas, Leiterin des Kompetenzschwerpunkts Cloud Computing, Digitalisation & Transformation der FHNW. (Source: zVg)
Stella Gatziu Grivas, Leiterin des Kompetenzschwerpunkts Cloud Computing, Digitalisation & Transformation der FHNW. (Source: zVg)

Was sind die wichtigsten Erkenntnisse aus der Cloud-Studie?

Stella Gatziu Grivas: Die qualitative Umfrage erfolgte online und umfasste 15 Fragen rund um die Motivation und Vorbereitung für den Cloud-Einsatz. Befragt wurden verschiedene Kreise – Business, IT, Geschäftsleitung, CIOs, IT-Architekten –, um unterschiedliche Perspektiven zu spiegeln. Generell lässt sich sagen: Beinahe 90 Prozent der Befragten kennen die aktuelle Situation und die Cloud-Bedürfnisse, 80 Prozent haben sich über Cloud informiert und sind mit den wichtigen Einsatzbereichen bekannt. Diese Zahlen zeigen: Die Cloud ist bei Schweizer Unternehmen ein grosses Thema.

Wo besteht für Schweizer Unternehmen noch Nachholbedarf?

Sowohl die CIO-Studie von 2017 als auch die aktuelle Cloud-Studie zeigen klar das Fehlen von "digitalen" Rollen wie Sourcing Manager, Cloud Broker oder Cloud Lifecycle Manager. Dies birgt die Gefahr, dass in einem Unternehmen viele Aktivitäten unkoordiniert laufen könnten. Die Definition von Rollen mit klaren Verantwortlichkeiten würde dieses Risiko minimieren. In diesem Bereich könnte man also noch einiges optimieren.

Wie wichtig ist die Cloud für die digitale Transformation?

Die Cloud ist ein Enabler für die digitale Transformation. Die Cloud ermöglicht einen schnellen Zugang zu Services, die skalierbar sind. Das Unternehmen erhält dadurch die Agilität, um auf die Marktverhältnisse reagieren und neue Geschäftsmodelle entwickeln zu können. Die Cloud bietet die Möglichkeit, neue Geschäftsmodelle auszuprobieren – ohne hohe Vorabinvestitionen. Dies manifestiert sich deutlich in Platform-as-a-Service-Angeboten, die Zugang zu sehr mächtigen Entwicklungsumgebungen ermöglichen, die rege genutzt werden. Aus diesem Trend entstehen derzeit immer mehr sogenannte "Cloud-Garagen".

Wie beurteilen die Studienteilnehmer die Rolle der Cloud in der digitalen Transformation?

Die Ansichten diesbezüglich gehen auseinander. Für zirka 40 Prozent der Fachverantwortlichen an der Schnittstelle zwischen Business und IT und der Geschäftsleitung ist eine digitale Transformation ohne Cloud nicht erreichbar. Im Gegensatz dazu sagen 30 Prozent der Fachverantwortlichen IT aus, Cloud und digitale Transformation hätten nichts gemeinsam. Bei den Fachverantwortlichen Business sind nur 10 Prozent dieser Meinung. Es besteht also ein Spannungsfeld zwischen Business und IT, was die Rolle der Cloud in der digitalen Transformation betrifft.

Wie entsteht dieses Spannungsfeld?

Das Business hat heute problemlos Zugang zu IT-Services ausserhalb des Unternehmens – Cloud sei Dank. Wenn die IT dabei nicht involviert wird, entsteht eine Schatten-IT. Anders gesagt: Der Einsatz von Cloud-Technologien im Zuge der digitalen Transformation sprengt die Grenzen der bisher üblichen Zuständigkeitsbereiche und zwingt Business und IT zu einer neuen Rollenverteilung. Dadurch entsteht das vorher angesprochene Spannungsfeld

Wie kann man diesem Spannungsfeld entgegenwirken?

Es gibt kein Business ohne IT. Die Lösung liegt also in der Transformation der IT und in einer engen Zusammenarbeit von Business und IT. In ihrer neuen Rolle als Business Enabler steht die IT zwar in Konkurrenz zum Markt, muss aber Performance und Effizienz steigern und die Kosten reduzieren. Ausserdem darf sie nicht zum SLA-Manager mutieren, sondern wird mit Aufgaben wie Business/IT-Alignment, IT-Governance, IT-Architektur, Security oder Datenmanagement und Analytics noch mehr an Wichtigkeit gewinnen.

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